: Club 25 und Club 45
■ Prozeß um schweren Menschenhandel und Förderung von Prostitution vor dem Landgericht Von Kai von Appen
Das Gros der Angeklagten schweigt. Nur Fahri Ö. (26) machte Angaben zur Sache, fühlt sich völlig unschuldig. Seit gestern müssen sich drei Männer und zwei Frauen vor dem Landgericht wegen schweren Menschenhandels, Freiheitsberaubung und Förderung der Prostitution verantworten.
Die Anklage liest sich schlüssig. Danach soll Fahri Ö. in Polen die 16jährige Schülerin S. für 2000 Mark „gekauft“ und unter dem Vorwand nach Hamburg gelockt haben, sie könne in einem Lokal als Animierfrau schnell viel Geld verdienen.
In Hamburg soll Fahri Ö. dann versucht haben, die Schülerin als Prostituierte im „Club 45“ an der Budapester Straße unterzubringen, was aber mißlang, weil die Schülerin noch minderjährig war. Danach habe er die junge Frau in der Wohnung seiner Mutter Seliva A. an der Kieler Straße zwei Monate eingesperrt, bis er die 16jährige über die 33jährige Döndü S. an die beiden Zuhälter Mithat E. und Dieter Paul M. „weitergereicht“ habe.
Döndü S. soll dann wiederum die junge Polin in ihrer Wohnung an der Hamburger Hochstraße eingesperrt, Mithat E. und Dieter Paul M. die Frau solange geschlagen haben, bis sie sich nach anfänglicher Weigerung bereit erklärte, im „Tropic“ und später in St. Georg als Prostituierte zu arbeiten. Die beiden Männer oder Döndü S. hätten dann die Tageseinnahmen von 400 bis 800 Mark einkassiert.
Fahri Ö. schildert den Sachverhalt ganz anders. Nach seinen Angaben lernte er über seine russische Freundin Julia – eine Prostituierte, die im „Club 25“ arbeitete – in Polen einen Russen kennen. Der habe ihn gebeten, eine junge Polin aufzunehmen, die unbedingt in Hamburg arbeiten wolle. Als er sie an der polnischen Grenze abgeholt habe, habe sie den Paß einer 21jährigen gehabt.
Die junge Polin habe er dann zu seiner Mutter gebracht. Auf die Frage, als was sie denn arbeiten wolle, soll sie nach Angaben Ö.s Freudin Julia geantwortet haben: „Ich will so schnell wie möglich Geld verdienen und dann wieder nach Hause.“ Fahri Ö: „Ich habe nie mit ihr selbst gesprochen.“
Die Russin Julia habe der 16jährigen dann den Job im „Club 45“ im Rot-Licht-Milieu vermittelt. Doch bereits am ersten Abend sei sie gefeuert worden, nachdem sie einer polnischen Kollegin gebeichtet hatte, daß sie noch minderjährig und der Paß gefälscht sei. Ö.: „Ich wollte sie zurück nach Polen bringen.“ Da Julia aber mittlerweile wegen gefälschter Papiere in Abschiebehaft gekommen war, habe sich alles verzögert.
Die Mutter habe die junge Frau dann eigenmächtig bei ihrer Freundin Döndü S. untergebracht, wo er sie nochmals besuchte. Ö: „Ich wollte mit eigenen Augen sehen, wir es ihr geht.“ Seiner Ankündigung, sie nach Polen zurückzubringen, habe sie ablehnend gegenübergestanden. „Sie gab an, von der Polizei wegen ihrer Flucht aus dem Heim gesucht zu werden. Sie können sie selber fragen.“ Und das wird das Gericht am nächsten Verhandlungstag auch tun.
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