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Kita-Gebühr vor Gericht

■ Grüne wollen Musterklage gegen die Erhöhung unterstützen / Namentliche Abstimmung beantragt

Am kommenden Dienstag will die Große Koalition der saftigen Erhöhung der Kita-Gebühren in der Stadtbürgerschaft den letzten Segen geben. Doch nach dem Parlament wird der Fall noch die Gerichte beschäftigen. Gestern kündigten die Grünen ihre finanzielle Unterstützung für einen Musterprozeß gegen die neue Kita-Gebührentabelle an. „Damit wollen wir auch noch einmal für Unruhe in der SPD-Fraktion sorgen“, meinte die grüne Jugendpolitikerin Maria Spieker gestern, „und werden auch namentliche Abstimmung beantragen.“ Tatsächlich spricht einiges dafür, daß eine solche Klage Erfolg haben wird. Denn in einem erst jetzt in Bremen bekannt gewordenen Urteil des Hamburger Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 1990 wird die Kita-Beitrag für SozialhilfeempfängerInnen auf „monatlich höchstens DM 27,60 festgesetzt“. Größer sei die „häusliche Ersparnis“ nicht, die durch den Aufenthalt und das Essen im Kindergarten entstünde, so das Gericht. Das Bundessozialhilfe-Gesetz beschränkt die Kita-Gebühr für SozialhilfeempfängerInnen jedoch definitiv auf die Höhe dieser „häuslichen Ersparnis“.

Zur Begründung der bisherigen Mindestgebühr von 41 Mark hatte das Sozialressort eine Rechnung aufgemacht, nach der die Eltern pro Tag 2,12 Mark sparen, wenn ihr Kind im Kindergarten zu Mittag ißt. Da die Kinder an 232 Tagen im Jahr betreut werden, ergäbe dies eine „häusliche Ersparnis“ von 491,84 Mark im Jahr, bezogen auf den Monat also 41 Mark. Für die von der Großen Koalition geplante neue Mindestgebühr von 48 Mark gibt es eine solche Berechnung bisher allerdings nicht.

„Die Festlegung auf 48 Mark ist also offensichtlich willkürlich gefallen“, folgert der von den Grünen mit der Prüfung der Rechtslage beauftragte Anwalt Bernd Rasehorn, „schon deshalb ist sie rechtswidrig“. Doch nicht nur die erhöhte Mindestgebühr, auch die neue Gebührenstaffel insgesamt hält Rasehorn für unzulässig. Bis zu 13 Prozent ihres Einkommens sollen BremerInnen danach nämlich künftig für einen Kita-Platz berappen. Die bisherige Rechtsprechung hat jedoch bisher erst einen Anteil von 2,4 Prozent bzw. einen Höchstbeitrag von 387 Mark für zulässig erklärt. In Bremen soll der Höchstbetrag auf 619 Mark steigen.

Eine gerichtliche Überprüfung der Kita-Beiträge hat allerdings den Nachteil, daß sie „zwei bis drei Jahre dauern“ würde, so Anwalt Rasehorn. Und alle Eltern, die nicht jetzt schon Einspruch gegen ihre Gebührenbescheide einlegen, hätten später auch nichts von einem möglichen juristischen Erfolg. Die Grünen erwarten denn auch, daß Sozialsenatorin Tine Wischer zusammen mit den Kita-Elternbeiräten ein „Moratorium“ beschließt, nach dem eine juristische Entscheidung rückwirkend auf alle Eltern angewandt würde. Ase

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