: Lauschangriff auf Fiffi
■ Mit einem Elektronikchip unter der Haut sollen in Kreuzberg künftig Hunde auf Zahlung der Hundesteuer durchleuchtet werden. Abfragen aus der Distanz
Berliner Hunden soll es an den Kragen gehen. Denn statt der bisher üblichen Hundemarke hat der scheidende Kreuzberger Gesundheitsstadtrat Gerhard Engelmann (CDU) seine „letzte Amtshandlung“ angekündigt: Ein elektronischer Chip namens „Indexel Transponder“ soll als Pflicht den Hunden unter die Haut gepflanzt werden. Sinn des Vorstoßes ist der Kampf gegen die Schwarzbeller: Denn mit dem neuen Chip könnten Polizei und Finanzamt sofort feststellen, ob Fiffis Halter die Hundesteuer bezahlt hat.
Die Injektion, betont Engelmann, sei „völlig schmerzfrei“. Der elektronisch lesbare Zahlencode auf dem Chip könnte vor Ort erfaßt und in einer „zentralen Kennzeichnungsstelle für Hunde“ gespeichert werden. Engelmann möchte mit diesem Abschiedsgeschenk der Finanzsenatorin helfen, das Berliner Milliardenloch zu schließen. Denn bei den Hundehaltern lauern Einnahmemöglichkeiten: Allein in Kreuzberg sind 3.500 Hunde angemeldet, deren Herrchen und Frauchen regelmäßig Steuern für ihren Liebling zahlen. Dabei ist bekannt, daß mehr als 6.000 kläffende Vierbeiner den Stadtbezirk besiedeln. In ganz Berlin sieht es nicht anders aus, nur die Hälfte aller geschätzten Köter, nämlich 98.000, sind steuerlich gemeldet.
Weiterer Vorteil des Hunde- chips: Polizisten und andere Uniformträger müßten mit den Vierbeinern nicht einmal mehr auf Tuchfühlung gehen: Denn der Chip (Achtung, Kampfhunde!) ist auch aus der Distanz mittels Lesegeräte mit elektromagnetischen Wellen abzufragen. Der Datenschutzbeauftragte war zu einer Stellungnahme zu dieser Speicherung personenbezogener Daten nicht zu erreichen.
Ganz so neu ist die gespritzte Nummer für den Hund indes nicht. Seit 1991 setzt die Tierärztin Erika Stuhrberg schon den Indexel- Transponder in die linke Halsseite ihrer Hundepatienten. Der Chip sei nicht dicker als ein Streichholz, aber nur ein Drittel so lang, verrät die Veterenärin. Das Gerät verheile unter der Haut, ohne daß der Hund etwas davon merke.
Auch im Tierheim Lankwitz werden seit fünf Jahren die elektronischen Hundemarken in das Tier gespritzt. Ganz einfach könne er so herausfinden: „Wem gehört der Hund, wer hat das Tier ausgesetzt, oder wem ist es entlaufen“, so Volker Wenck, Leiter des Tierschutzvereins.
Der Preis für die Impfung mit Chip, den die Halter tragen müssen, schwankt zwischen 25 und 60 Mark. Die Tierärzte und Tierheime müßten die Lesegeräte anschaffen. Das neue europaeinheitliche System soll 500 Mark kosten. „Davor scheuen sich noch viele Tierärzte, weil sie glauben, Kunden zu verlieren“, mutmaßt Engelmann. Torsten Teichmann
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