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Ein Schritt weiter

■ Staatsanwaltschaft will Verfahren gegen Bonhoeffer wiederaufnehmen

Hannover (taz) – Die Studenten und Dozenten der Evangelischen Fachhochschule Hannover, die eine Aufhebung des NS-Urteils gegen den Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer fordern, haben einen wesentlichen Schritt hinter sich gebracht. Nach Angaben des hannoverschen Professors Karl-Heinz Lehmann hat die Berliner Staatsanwaltschaft beim dortigen Landgericht förmlich die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Bonhoeffer war im April 1945 von einem Standgericht der SS zum Tode verurteilt und anschließend hingerichtet worden. „Die schwierigste Hürde vor der Aufhebung des Unrechtsurteils ist genommen“, kommentierte Lehmann den Schritt der Staatsanwaltschaft gestern in Hannover.

Die hannoverschen Fachhochschulstudenten und -dozenten hatten zum 90. Geburtstag Bonhoeffers Anfang Februar einen Antrag auf ein gesetzlich eigentlich nicht vorgesehenes Wiederaufnahmebegehren direkt an den Berliner Generalstaatsanwalt geschickt. Diesen Antrag hat sich die Staatsanwaltschaft nun zu eigen gemacht. Begründet hatten die Studenten und Dozenten ihren Wiederaufnahmeantrag mit einem Gesetz aus dem Jahre 1952, das bei Urteilen aus der Zeit des Nationalsozialismus eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch ohne die Vorlage neuer Beweismittel erlaubt.

Professor Lehmann hofft nun, daß sich das Berliner Landgericht auch inhaltlich mit dem Unrechtsurteil gegen Bonhoeffer auseinandersetzt und es nicht nur aus formalen Gründen aufhebt. Lehmann erinnerte daran, daß der Bundesgerichtshof noch 1956 das Urteil gegen Bonhoeffer bestätigt und diesen als Landesverräter eingestuft hatte.

„Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs muß nun korrigiert werden“, verlangt der Fachhochschulprofessor. Dazu reiche es nicht aus, wenn das Landgericht das Urteil aufhebe, „weil es etwa von einem Standgericht gefällt wurde und es keine Verteidigung gab“. Statt dessen müsse mit einem erneuten Urteil auch klargestellt werden, daß der Widerstandskämpfer Bonhoeffer sich keineswegs des Landesverrats schuldig gemacht habe, und so endlich die Entscheidung von 1956 aus der Welt geschafft werden.

Ein erneuter Prozeß ist für die Aufhebung des Urteils nicht erforderlich. Nach Angaben Lehmanns hat das Berliner Landgericht die noch über das Bonhoeffer-Urteil existierenden Akten zu prüfen und auf deren Grundlage neu zu entscheiden. Anschließend könne das Gericht dann durch eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger das NS-Urteil gegen den Widerstandskämpfer für aufgehoben erklären. Jürgen Voges

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