: Rindfleisch steckt an
■ Die britische Regierung gibt zu, daß Rinderwahnsinn übertragbar sein könnte
Dublin (taz) – Es gibt eine Verbindung zwischen dem Rinderwahnsinn (BSE) und der beim Menschen auftretenden Variante, dem Creutzfeld-Jakob-Syndrom (CJS). Das hat die britische Regierung gestern zum ersten Mal zugegeben. Der Meinungsumschwung ist durch eine Untersuchung des staatlichen Creutzfeld-Jakob-Zentrums in Edinburgh ausgelöst worden. Die Wissenschaftler haben einen neuen CJS-Typus identifiziert, an dem bisher zehn Menschen gestorben sind. Man könne nicht ausschließen, daß dieser Typus durch BSE-infizierte Kühe auf die Menschen übertragen wurde.
Erst vor zweieinhalb Wochen ist in Yorkshire der ehemalige Schlachthausarbeiter Len Franklin an CJS gestorben, in den vergangenen drei Jahren sind vier Bauern durch die unheilbare Hirnkrankheit mit jahrzehntelanger Inkubationszeit getötet worden.
Gesundheitsminister Stephen Dorrell bestreitet jedoch weiterhin, daß es eindeutige Beweise für eine Übertragbarkeit gebe. Die Regierung will einen Ausschuß einberufen, der die Öffentlichkeit beruhigen soll. Der Mikrobiologe Richard Lacey aus Leeds warf der Regierung vor, sie habe die Gesundheit der Bevölkerung absichtlich aufs Spiel gesetzt: „Das ist eine der schändlichsten Episoden in der Geschichte unseres Landes.“ Experten gehen davon aus, daß bereits mehr als eine Million infizierter Tiere auf dem Mittagstisch gelandet sind.
In der Fleischindustrie hat die Erklärung Empörung ausgelöst. Die ProduzentInnen fühlen sich hintergangen, weil sie über die neue Entwicklung nicht vorab informiert worden seien. Heute wird eine große Werbekampagne eingeläutet. Ian Gardner vom Bauernverband sagte gestern, Rindfleisch stelle keine Gefahr dar: „Der Rat von Experten sollte mit kühlem Kopf zur Kenntnis genommen werden.“ Der Tory-Abgeordnete und Bauer Paul Marland sprach gar von „Medienhysterie“. Aber die beruhigenden Worte werden nicht verhindern, daß der Verkauf von Rindfleisch in den Keller gehen wird. Ralf Sotscheck
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