: Sind wir nicht zu beneiden? -betr.: "Poker um die Linie 4", taz vom 12.3.1996
Betr.: „Poker um die Linie 4“, taz vom 12.3.
CDU-Politiker sind bessere Rechner, und exzellente Sparer noch dazu. Das ist auch der Grund, weswegen wir das Vorstandsmitglied der Sparkasse, Herrn Nölle, als Finanzsenator haben. Das rechnet sich.
Zum Beispiel mit der Linie 4: Wenn nämlich die Trasse durch das Hollerland geführt wird, oder auch durch die Kopernikusstraße, dann kommt das Fahrgastaufkommen bedeutend geringer als kalkuliert, was zu einer höheren Subventionierung der BSAG durch die Stadt führen würde, die natürlich von der CDU abgelehnt wird. Dann muß – leider, leider – die Linie 4 wieder eingestellt werden... und schon haben wir wieder freie Fahrt für freie Bürger!
Für die beabsichtigte Verlängerung des BAB-Zubringers durch das Naturschutzgebiet Hollerland gibt es ähnlich gute Argumente. Die Anlegung einer solchen Trasse würde das Feuchtgebiet so gut wie trocken legen. Beste Voraussetzung für Bremen, um 300 Hektar mehr an Gewerbe und Wohngebieten auszuweisen. Besonders wenn es mit der Steigerung der Einwohnerzahlen nicht ganz klappt, die unser fähiger Bausenator mit seinem brandneuen Förderprogramm für Häuslebauer absichern will. Auch Bausenator Bernt Schulte ist ein kluger Rechner.
Damit sein Förderprogramm greift, hatte er zum Beispiel entlang der Pufferzone zum Naturschutzgebiet im Hollerland erst kürzlich alle dort geplanten freistehenden Einfamilienhäuser in schnöde Reihenhäuser umgewandelt. Zwar war dazu ein kleiner Wortbruch nötig, aber dieser Umwandlungsstrick erhöhte einerseits die Akzeptanz seines neuen Förderprogrammes für die Häuslebauer anderswo im Grünen und... sie schädigte andererseits die Qualität des vermaledeiten Naturschutzgebiets von Osten her. Im Zusammenhang mit dem verlängerten BAB-Zubringer nach Lilienthal ergibt das eine wirksame Zangenstrategie! Zur Zeit arbeitet die CDU noch an einem recht unbedeutenden Schönheitsfehler: Lilienthal und die weite grüne Welt dahinter könnten sich durch den neuen Zubringer zu einem konkurrierenden Oberzentrum zu Bremen entwickeln. Zur Zeit wird an zwei Alternativen gearbeitet: Die eine, Niedersachsen einzugemeinden, die zweite, die Gefahr mit einer Maut zu beheben. Als ideale Position für die Mautstelle wird die noch zu erbauende Brücke über die dort sehr breite Wümme angesehen. Brückenbau und Mautstelle würden zugleich neue Arbeitsplätze bringen!
Man sieht, keine Politik ist so gut durchdacht, wie die der CDU in Bremen. Dazu können wir uns gratulieren! Gerold Janssen
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