: Kaufmännische Kenntnisse sind nötig
■ Existenzgründer sollten Buch führen und bilanzieren können
Eine gute Idee und solide fachliche Kenntnisse allein reichen für eine erfolgreiche Unternehmensgründung nicht aus. Spätestens bei der konkreten Planung stößt man auf Begriffe wie Steuerrecht, Buchführung und Bilanzrechnung. „Einige Gesellen bringen zwar Grundkenntnisse aus ihrem Berufsalltag mit. Für eine Betriebsgründung reicht das aber in den seltensten Fällen“, meint Ertugrul Tolan, Wirtschaftsberater im Bezirksamt Wedding. „Es ist eine meiner Aufgaben, die Leute darauf hinzuweisen, daß kaufmännische Kenntnisse für den Schritt in die Selbständigkeit unbedingt nötig sind.“
Neben einer Vielzahl privater Fortbildungsinstitute bietet auch die Berliner Handwerkskammer Weiterbildung im kaufmännischen Bereich an. Gut vorbereitet starten all jene in die Selbständigkeit, die die Meisterprüfung in ihrem Fach abgelegt haben. 160 Pflichtstunden im Bereich Verwaltungstechnik, der Betriebswirtschaft und Recht umfaßt, gehören zu der Vorbereitung auf die Prüfung. Aber nur gut die Hälfte der Existenzgründer haben den Meisterbrief. 4.418 Handwerksbetriebe wurden letztes Jahr gegründet; 2.122 davon stammen aus dem handwerksähnlichen Gewerbe, für das die Meisterprüfung nicht verlangt wird. Wer trotzdem die umfangreichen kaufmännischen Kenntnisse erlangen will, kann bei der Handwerkskammer den 160-Stunden-Kurs belegen, muß dafür aber fast 1.700 Mark zahlen. In einzelnen Schwerpunkten wie beispielsweise Bilanzanalyse, Lohn- und Gehaltsabrechnung oder Buchführung werden außerdem kürzere Lehrgänge mit 20 bis 70 Stunden angeboten.
Die Kosten spielen bei der Entscheidung, wie umfangreich die Weiterbildung ausfällt, eine große Rolle. „Etwa die Hälfte der Leute geben finanzielle Probleme als Grund dafür an, daß sie die Meisterprüfung nicht machen wollen“, berichtet Wirtschaftsberater Tolan aus seiner Erfahrung.
Billiger und schneller als bei der Handwerkskammer kann das kaufmännische Know-how an einigen Volkshochschulen erlernt werden. „Gerade die Bereiche Buchführung und Steuern werden sehr gut angenommen“, so Gabriele Zander, Fachbereichsleiterin für berufliche Weiterbildung an der VHS Hellersdorf. Häufig wird der Bedarf kaufmännischer Fähigkeiten allerdings erst durch den Berufsalltag klar. „Unsere Klientel besteht hauptsächlich aus Handwerkern, die sich schon selbständig gemacht haben, und Familienangehörigen, die im Betrieb mitarbeiten“, so Zander.
„Gerade im Bereich Betriebswirtschaft besteht ein riesiger Bedarf an Weiterbildung“, ist sich auch Marita Hartnack, Wirtschaftsberaterin im Bezirksamt Charlottenburg, sicher. Deshalb wurde in Zusammenarbeit mit der dortigen VHS ein Kompaktseminar organisiert, das Existenzgründer ein Jahr lang auf ihrem Weg in die Selbständigkeit begleitet. Als „Bausteine“ können die angebotenen Kurse zu Themen wie Controlling, Betriebliches Rechnungswesen und Personalwesen je nach individuellem Bedarf zusammengestellt werden. „Die Kurse waren bislang alle ausgebucht“, so Hartnack über den Erfolg: „Wegen der momentanen Mittelknappheit ist es aber unsicher, ob wir das Angebot im nächsten Jahr noch machen können.“ Ulrike Schulz
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