Solarpolitik schafft nur wenige Jobs

Die Förderung der Sonnenenergie bringt mittelfristig nur 400 neue Arbeitsplätze nach Berlin, errechnete die Umweltverwaltung. Aber Solarförderung schafft mehr Jobs als sie vernichtet  ■ Von Hannes Koch

Die Sonnenenergie ist ein Hoffnungsträger. Abwechselnd werden die Solarzellen als Garanten einer sauberen Umwelt gefeiert – oder als innovative Produkte, mit deren Hilfe man Arbeitsplätze schaffen kann. Doch die Hoffnung auf viele schöne Sonnenjobs in der Region Berlin erhält jetzt einen Dämpfer. Die entlastenden Effekte für den Arbeitsmarkt werden in den kommenden Jahren relativ gering sein. Nur 350 bis 400 zusätzliche Arbeitsplätze würden entstehen, wenn der Senat demnächst die Solaranlagenverordnung beschlösse. Zu diesem Ergebnis kommt eine bislang unveröffentlichte Hochrechnung der Energieleitstelle des Umweltsenators.

Die Solaranlagenverordnung gilt gemeinhin als erster Schritt, der sauberen Energiequelle zum Durchbruch zu verhelfen. Auch den gegenwärtig stattfindenden Solararchitektur-Kongress nutzt Umweltsenator Peter Strieder (SPD), um sich öffentlichen Rückhalt zur Durchsetzung der Verordnung zu sichern. 60 Prozent des Warmwassers aller Neubauten der Stadt soll demnach zukünftig mittels Sonnenstrahlen erhitzt werden.

Die Energieleitstelle vermutet, daß die BauherrInnen von Wohnungen, Büros und Fabriken dann jährlich 28.000 Quadratmeter Sonnenkollektoren auf Dächern installieren. Das bedeutet Investitionen in Höhe von 60 Millionen Mark pro Jahr. Etwa 80 Prozent der knapp 400 zusätzlichen Jobs entstünden bei Planungs- und Ingenieurbüros. Einen Teil bekommt auch das Sanitärgewerbe ab, das die Solaranlagen aufbaut.

Im industriellen Bereich bei der Produktion der Sonnenkollektoren werden die Arbeitsplatzeffekte vermutlich sehr gering ausfallen. Die beiden einzigen Herstellerfirmen in der Region kündigen an, die Zahl ihrer Beschäftigten zu erhöhen, um die von der Verordnung ausgelöste Nachfrage zu befriedigen. Die bei Angermünde ansässige Firma UFE Solar würde „innerhalb kürzester Zeit“ ihre Jobs von 14 auf 22 erhöhen, wie Geschäftsführer Reinhold Weiser versichert. Später seien 45 Arbeitsplätze nicht unrealistisch. Die KBB Kollektorbau Berlin hält eine Zunahme der Beschäftigten von heute 5 auf 25 für möglich.

Angesichts der zunächst geringen Arbeitsplatzeffekte warnt Hans-Joachim Ziesing vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) davor, sich mit sonnigen Hoffnungen „in die Tasche zu lügen“. Bei 228.000 Berliner Arbeitslosen könne die Solarenergie nur eine sehr geringfügige Erleichterung bringen.

Optimistisch ist Ziesing aber immerhin, daß die Solarförderung mehr Jobs schafft als sie vernichtet: „Der Saldo unter dem Strich ist vermutlich positiv.“ Der DIW- Forscher wendet sich damit gegen ein Argument der Bauverwaltung, die der Solarverordnung ablehnend gegenübersteht. Dort heißt es, die Neubaukosten stiegen mit der Solarverordnung um durchschnittlich zwei Prozent. Möglicherweise würden deshalb weniger Wohnungen errichtet, was wiederum Arbeitsplätze in der Baubranche gefährden könnte.

Magere Aussichten für die nächsten drei bis vier Jahre – doch die Zukunft erstrahlt möglicherweise heller. „In einigen Jahrzehnten kann sich die Sonnenenergie zu einem bedeutenden Faktor auf dem Arbeitsmarkt entwickeln“, so Ziesing vom DIW.

Diese Einschätzung teilt auch die in Berlin ansässige Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie. Um bis zum Jahr 2010 rund 4.500 solare Jobs an der Spree zu schaffen, seien aber eine breitere Palette staatlicher Maßnahmen und bessere Rahmenbedingungen für die Ansiedlung von Betrieben notwendig. Dazu gehöre die kostendeckende Vergütung für Solarstrom, den BetreiberInnen von Photovoltaikanlagen ins öffentliche Netz einspeisen, meint DGS- Mitarbeiter Bernhard Weyres. Das mache die Solarzellen konkurrenzfähig im Vergleich zu herkömmlicher Energieerzeugung und schaffe damit Nachfrage sowie Jobs.