Lizenz zum Bauen und Senden

■ Dem französischen Baukonzern Bouygues wird die Lizenz für seinen skandalumwitterten Fernsehsender TF 1 verlängert

Man nehme: die Marktanteile von RTL plus Sat.1 und noch ein bißchen mehr, dazu den Lederhosengeschmack von RTL in seinen schlimmeren Zeiten und die Kanzlerhörigkeit von Sat.1 – ebenfalls zu den schlimmsten Zeiten. Einmal kräftig umgerührt, et voilà, fertig ist der französische Fernsehgigant TF 1. Am Dienstag hat nun der Pariser Medienrat CSA („Conseil supérieur de l'audiovisuel“) diesem Ersten Programm, das vor neun Jahren privatisiert wurde, die Lizenz verlängert. Die Sitzung dauerte gerade einmal zwei Stunden und endete im Konsens.

Und das, obwohl der Sender, der 1995 auf einen Zuschaueranteil von 35,5 Prozent kam, in letzter Zeit vor allem durch Skandale von sich reden machte. Sogar eine Bürgerinitiative hatte unter dem Motto „Das Erste ändern“ seit Jahresanfang mächtig gewirbelt, um eine Neuausschreibung der Lizenz zu erreichen. Sie legte längliche Dokumente mit dem Sündenregister des Senders vor, dessen Aktienmehrheit dem Baukonzern Bouygues gehört. Der setzte nämlich das Programm hemmungslos für seine Interessen ein: Im Wahlkampf wurde der (dann gescheiterte) Kandidat Balladur mit Gefälligkeitsinterviews gestützt, und der ehemalige Afrikakorrespondent berichtete aus dem Nähkästchen, wie Bouygues die Redaktion unter Druck setzte: Sie mußte mithelfen, ihm im französischsprachigen Afrika öffentliche Bauaufträge zu verschaffen.

Hinzu kamen so viele Verstöße gegen die Werbe- und Jugendschutzbestimmungen sowie gegen die vorgeschriebenen Programmquoten, daß der Medienrat nicht umhin kam, ihm 40 Millionen Francs (12 Millionen Mark) Bußgelder zu verpassen. Doch weder das noch Dutzende von Korruptionsverfahren gegen die Bouygues-Konzernspitze waren dem Medienrat Grund genug, um den Baugiganten zum Rückzug aus dem profitablen Sender zu zwingen. Der frühere französische Medienminister Alain Carignon, selber mittlerweile wegen Korruption zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, hatte nämlich 1994 ein Gesetz durchgebracht, das auch „Lex TF 1“ genannt wurde. Danach wird jede Lizenz automatisch verlängert – es sei denn, schwerwiegende Regelverstöße oder mangelnde Vielfalt auf dem Fernsehmarkt sprächen dagegen.

Das wollte der Medienrat offenbar nicht sehen. Die Bürgerinitiative „Das Erste ändern“ will jetzt Beschwerde beim Staatsrat, dem obersten Verwaltungsgericht, einlegen. MR