: Der General bin ich!
■ Generalsekretär lud ostdeutsche CDU-Prominenz zum Appell
Berlin (taz) – Viereinhalb Stunden dauerte die Sprechstunde bei Pastor Peter Hintze. Alle ostdeutschen Landes- und Fraktionsvorsitzenden der CDU waren am Dienstag abend in die Hauptstadt Berlin gekommen, um hier vorzubeten und zu exerzieren.
Nachdem sich führende ostdeutsche Unionspolitiker, wie der Fraktionsvorsitzende des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern, Eckhardt Rehberg, oder der Sprecher der ostdeutschen CDU- Bundestagsabgeordneten, Paul Krüger, in den letzten Monaten kritisch mit der Strategie und dem Erscheinungsbild ihrer Partei in den neuen Bundesländern auseinandergesetzt hatten, wollte sich jetzt der Generalsekretär die ostdeutschen CDU-Politiker persönlich zur Brust nehmen. Jeder konnte sich zu Wort melden, betonte Hintze anschließend stolz.
Bevor jedoch die Ostdeutschen ihre Sorgen vortragen durften, philosophierte der Chef der Bonner Parteizentrale zwei Stunden lang vor allem über Europa am Vorabend des Turiner EU-Gipfels.
Um jeden Zweifel darüber auszuräumen, wer in der CDU das Sagen hat, trat Hintze gestern allein vor die Presse. Er sei schließlich der Generalsekretär der gesamten Partei.
Im besten Diplomatendeutsch berichtete er von einer „intensiven, versöhnlichen und konstruktiven Aussprache“. Nur einig waren sich die CDU-Politiker offenbar nicht, auch wenn sich Hintze darum bemühte, die Meinungsverschiedenheiten herunterzuspielen. Anlaß ihre Strategie in den neuen Bundesländern zu ändern, sehe die CDU nicht.
Ob es auch zukünftig Rote-Socken-Plakate geben werde, ließ der Generalsekretär zwar offen, aber auch der nächste Bundestagswahlkampf werde einheitlich für ganz Deutschland im Bonner Konrad- Adenauer-Haus geplant. „Über die Wirkung der Rote-Socken-Aktion“, so räumte Hintze schließlich ein, bestünden in der Partei unterschiedliche Einschätzungen.
Aus dem Kreise der ostdeutschen CDUler waren jedoch deutlichere Töne zu hören.
Über den Umgang mit der PDS und ihren Wählern hätte man, so beklagte sich etwa Eckhardt Rehberg, mit Hintze auch bis zum frühen Morgen aneinander vorbei reden können.
Zweimal im Jahr wollen die ostdeutschen CDU-Politiker dennoch in Zukunft in Berlin mit dem Generalsekretär zusammenkommen, um den innerparteilichen Meinungsaustausch zu intensivieren.
Ostidentität ist für die Union kein Thema. Die CDU bleibe die Partei der Einheit, betonte Hintze, und fühle sich der gesamtdeutschen Identität verpflichtet.
So blieben in Berlin konsequenterweise auch alle inhaltlichen Fragen, die den Ostdeutschen unter den Nägeln brennen, ausgeblendet.
Das Rentenüberleitungsgesetz, die kommunalen Altschulden oder etwa die Arbeit der Treuhandnachfolgerin BvS waren genausowenig Thema, wie die von Rehberg geforderte selbstkritische Aufarbeitung der Blockflötenvergangenheit der DDR-CDU.
Statt in die Vergangenheit hat die Kanzlerpartei auch im Osten den Blick fest nach vorn gerichtet. Zukunftsforen will die Bundes- CDU veranstalten, um die Bundestagswahlen 1998 vorzubereiten. Eines soll Ende Mai in Schwerin zum Thema Ökologie stattfinden, ein weiteres an einem noch nicht bestimmten Ort in den neuen Bundesländern zur „geistig-kulturellen Zukunftsgestaltung“.
Die Strategiepapiere aus dem Osten sollen jedoch nicht im Papierkorb landen, sondern, wie der Generalsekretär betonte, als „kritischer und förderlicher“ Beitrag in die Vorbereitung einfließen. Christoph Seils
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