: Politik der kargen Informationen
■ Endo-Klinik plant Entlassungen / Geschäftsleitung schweigt hartnäckig Von Stefanie Winter
„Endlich Klarheit“ hatten sich die Beschäftigten der Endo-Klinik von der gestrigen Betriebsversammlung versprochen – vergeblich. Ihrer Unsicherheit und Verärgerung machten sie bereits vor der Versammlung während einer Kundgebung vor der Klinik an der Holstenstraße Luft: Rund 70 Kolleginnen und Kollegen aus dem Betriebsteil in Schneverdingen-Wintermoor waren mit Bussen angereist. Dort sollen bereits zum ersten Juli dieses Jahres 54 Stellen gestrichen werden; langfristig drohe die komplette Schließung, teilt die Gewerkschaft ÖTV mit.
Zweieinhalb Stunden dauerte die Versammlung, Klarheit brachte sie keine. Der Geschäftsführer sei zwar anwesend gewesen, habe sich zu den drängenden Fragen der Beschäftigten jedoch nicht geäußert. Klar sei nur, so ÖTV-Sprecher Jens Hnyk, daß es Kündigungen geben werde. Es sei „sehr ungewöhnlich“, daß die Geschäftsleitung die Leute nicht informiere. Auch zu Sozialplanverhandlungen habe sie sich, anders als üblich, erst auf Druck des Betriebsrats und des Arbeitsgerichts bereiterklärt. Dabei lebe ein Krankenhaus doch von seinem guten Ruf, wundert sich der ÖTV-Sprecher. Und als Spezialklinik für Gelenkersatz sollen beide Betriebsteile der Endo-Klinik einen sehr guten Ruf genießen – bislang. Das jetzige Verhalten trage nicht unbedingt zu dessen Förderung bei.
Im von der Geschäftsleitung langgehegten Traum eines Klinikneubaus auf dem Gelände des Tierparks Hagenbeck kommt die Dependance in der Nordheide nicht mehr vor. Während dort rund 300 Betten verloren gingen, rechnet die ÖTV vor, soll die Hamburger Klinik am neuen Platz um 100 auf 270 Betten erweitert werden. Während in Hamburg zusätzlich rund 80 Arbeitsplätze entstehen könnten, gingen in Wintermoor die Arbeitsplätze von 450 Beschäftigten verloren. Und im Landkreis Soltau-Fallingbostel gebe es kaum Möglichkeiten, eine Stelle in einem anderen Krankenhaus zu bekommen.
Wann es soweit sein könnte, erfuhren die Beschäftigten während der Betriebsversammlung nicht. Auch über die Möglichkeit, in Hamburg einen Ersatzarbeitslatz zu erhalten, seien sie nicht informiert worden. Besonders verärgert ist die Gewerkschaft darüber, daß der Arbeitgeber eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der Möglichkeit, auch zukünftig mit zwei Betriebsteilen zu arbeiten, zwar zugesagt habe. Den Auftrag dazu soll sie jedoch nie erteilt haben.
Der Geschäftsleiter Jochim Wittern stand bis Redaktionsschluß nicht für eine Stellungnahme zur Verfügung. Seine Politik der kargen Informationen scheint weitere Kreise zu ziehen: Die Pressestelle der Endo-Klinik ließ verlauten, keine Auskunft erteilen zu können. Und auch der Betriebsrat mochte sich nicht persönlich äußern und verwies an die ÖTV.
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