Geiselnahme in Belgien

■ Polizeiaktion nach gescheitertem Anschlag in Lille: Tote und Verletzte

Paris (taz) – Mehrere Tote und Schwerverletzte und ein bis auf die Grundmauern abgebranntes Reihenhaus – das war gestern nachmittag die vorläufige Bilanz eines großen Schlags der Polizei gegen eine „Gruppe von Gangstern“ in Nordfrankreich. Bei Redaktionsschluß hielt die gewalttätige Serie noch an. Nachdem er stundenlang verfolgt worden war, nahm einer der flüchtigen Verbrecher am Rand der belgischen Autobahn zwei Geiseln. Trotz zahlreicher Ungereimtheiten wußte Frankreichs Innenminister Jean-Louis Debré bereits am Vormittag, daß es „keinen politischen Hintergrund“ und keinen Zusammenhang mit den terroristischen Attentaten des letzten Jahres gebe.

Nach Angaben der französischen Behörden beschattete die Polizei die „Gangster“ – drei rund 30jährige Marokkaner und einen über 50jährigen Algerier – bereits seit mehreren Tagen. Sie gelten als verantwortlich für die bewaffneten Überfälle auf Geldtransporte und Supermärkte, die sich seit vergangenem Dezember in der Region ereigneten. Bei den Raubzügen waren zwei Autofahrer mit erschossen worden. Am Donnerstag abend sollen die „Gangster“ einen Anschlag auf ein Polizeikommissariat in Lille vorbereitet haben, das nur wenige hundert Meter von dem Grand Palais entfernt ist, wo Staatspräsident Jacques Chirac am Montag ein Arbeitsminister-Treffen der G-7-Staaten eröffnet. Der Anschlag scheiterte, weil drei deponierte Gasflaschen nicht explodiert seien.

Gestern morgen riegelten Mitglieder eines Sondereinsatzkommandos einen Teil des Stadtteils Alma in der Nachbarstadt Roubaix ab und durchsuchten mehrere Häuser. An einem Reihenhaus kam es zu einer Schießerei, die über 30 Minuten dauerte. Das Haus ging in Flammen auf, in seinen Trümmern starben mindestens drei Männer. Auf Polizeiseite gab es mehrere Verletzte. Dorothea Hahn