: Die Bremer Kinotaz... ...alle Filme, alle Termine
12 Monkeys USA 1995, R: Terry Gilliam, D: Bruce Willis, Madeleine Stowe, Brad Pitt
Plötzlich kommt ein riesiger Fuß aus dem Himmel und zertritt alles auf der Erde. Dies ist die Schlüsselsequenz des Regisseurs Terry Gilliam, der sie in seinen Zeichentrickfilmen für „Monty Python's Flying Circus“ immer wieder animierte und auch seine Spielfilme nach dem gleichen Prinzip aufbaut. In seinem neuen Film ist sein Fuß aus den Wolken so groß wie nie: Er vernichtet gleich 5 Milliarden Menschen, die im Jahre 1996 von einer Viren-Katastrophe dahingerafft werden. Im Jahr 2035 vegetieren die Überlebenden in einem Unterwelt-System und der Häftling James Cole wird mit einer klapprigen Zeitmaschine in die Vergangenheit geschickt, um dort den Ursprung der Apokalypse zu untersuchen. Gilliam schlägt hier so viele irrsinnige Haken, daß man bis zur letzten Szene nie genau weiß, was man da eigentlich ansieht: einen Fiebertraum, ein Menetekel oder einen futuristischen Thriller? (hip) Schauburg, UT-Kino, Wall-Kinocenter (OL)
A
André USA 1994, R: George Miller, D: Keith Carradine, Tina Majorino
„Ein kleines Mädchen kämpft in den 60er Jahren für ihr Haustier: einen Seelöwen namens Andre. Ein netter Familienfilm auf den Spuren von „Free Willy“ und „Flipper“ mit versteckter Message: Rettet die Seelöwen!“ (TV-Spielfilm) Gondel
B
Beim nächsten Kuß knall' ich ihn nieder Deutschland 1995, R: Hans-Christoph Blumenberg, D: Peter Fitz, Bettina Kupfer
„Blumenberg hat sich die Vita des halbjüdischen Schauspielers und Regisseurs Reinhold Schünzel vorgenommen, der noch bis 1937 unter den Nazis Filme drehen konnte, dann aber nach Hollywood emigrierte, wo er allerdings nicht recht Fuß fassen konnte. „Beim nächsten Kuß knall ich ihn nieder“ (so benannt nach einer Dialogzeile aus Schünzels „Land der Liebe“) macht keinen Hehl aus seinen Beschränkungen, arbeitet mit spartianischen Dekors und ohne Naturalismus. Dem Film tut das aber keinen Abbruch, die 33 Episoden aus dem Leben von Schünzel funktionieren sowohl als Parabel auf die Verstrickungen eines Künstlers unter dem Druck der Politik als auch als Portrait eines monomanischen Menschen.“ (epd-Film) Filmstudio
Benji – Sein größtes Abenteuer USA 1987, R: Joe Camp, D: Red Steagall, Mike Francis
„Der drollige Mischlingshund Benji wird zum Nähr- und Ziehvater von vier mutterlosen Puma-Babys und hat viele Gefahren zu bestehen. Überwiegend aus Tier- und Naturaufnahmen bestehend, verzichtet der Film erfreulicherweise auf eine krampfhafte Vermenschlichung des „Helden“ und bietet trotz einiger langatmiger Szenen gute Unterhaltung für die ganze Familie.“ (Lexikon des internationalen Films) UFA-Palast
Braveheart USA 1995, R: Mel Gibson, D: Mel Gibson, Sophie Marceau
„Gibsons brillante Idee ist es, die epischen Qualitäten des Stoffes voll auszuspielen (tragische Romanze, übermenschlicher Heldenmut, verschwenderische Aufnahmen und Tausende von Statisten) und all dem einen schwungvollen, zeitgenössischen Kick zu geben. So ist „Braveheart“ auch ein explosiver Actionfilm. Man sollte ihn gar nicht erst mit dem farblosen „Rob Roy“ vergleichen, sondern mit „Stirb Langsam“. (New York Times) Ufa-Stern und Ziegelhof-Kinos (OL)
C
Casino USA 1995, R: Martin Scorsese, D: Robert De Niro, Sharon Stone
„Während er die mit viel Gewalt angefüllte Geschichte von zwei guten Freunden und der Frau, die sie auseinanderbringt, erzählt, hat Scorsese offenbar keine neue Einsichten in die amoralische Lebensweise seiner Protagonisten gefunden. Ja, die Inszenierung ist packend und virtuos, wie fast immer bei Scorsese, aber statt die Themen des Films expressiv zu verschmelzen, lenkt sein cineastisches Feuerwerk uns hier nur von dem Vakuum ab, das sich im Kern des Films auftut. Dies ist ein enttäuschender Neuaufguß seiner brillanten früheren Arbeiten.“ (Worldpremiere) City, Ufa-Stern
Caspar David Friedrich Deutschland 1986, R: Peter Schamoni, D: Helmut Griem, Sabine Sinjen, Otto Sander
„Mit großer Sorgfalt ist Schamoni ans Werk gegangen. So ist „Caspar David Friedrich“ ein Film geworden, der für alle interessant ist, die sich der Arbeit des Künstlers nähern wollen. Kinogängern, die dieses Bildungsinteresse nicht automatisch mitbringen, wird allerdings die saubere Ordentlichkeit des Filmstils, dem die didaktische Absicht durch alle Knopflöcher des Kostüms lugt, auf die Nerven gehen. Hölzern müssen die Schauspieler in die Kamera sprechen, sich aufs aufdringlichste an den Zuschauer wenden. Die Schulfunkdramaturgie droht das sinnliche Vergnügen an der Kunst des Malers zu ersticken. Die überlebt nur dank der eigenen Stärke.“ (Süddeutsche Zeitung) Kino 46
Chungking Express Hongkong 1994, R: Wong Kar-Wai, D: Brigitte Lin Chjing, Tony Leung, Faye Wang
„Wong Kar-Wais Film erzählt zwei nur lose miteinander verknüpfte Geschichten - beide über liebeskranke Polizisten, die sich mit Frauen einlassen, die nicht gut für sie sind. Takeshi Kaneshiro versucht Brigitte Lin in einer Nachtbar kennenzulernen, ohne zu wissen, daß sie eine Herionschmugglerin ist, die einigen Kuriern nachjagt, die mit den Drogen verschwunden sind. In der zweiten Geschichte verliebt sich die knabenhafte Faye Wang in den Streifenpolizisten Tony Leung und bricht, während er arbeitet, regelmäßig in seine Wohnung ein, um sie umzudekorieren. So waren früher einmal die Filme von Godard: schnell, aus der Hand gefilmt, witzig und sehr, sehr hip. Der schönste Besuch im Heartbreak Hotel.“ (Time Out) Filmstudio
D
Dead Man Walking USA 1995, R: Tim Robbins, D: Susan Saradon, Sean Penn
In seinem zweiten Film beschreibt Robbbins die schwere und aufreibende Arbeit der Schwester Hellen Prejan, die dem Mörder Matthew Poncelt in den Wochen vor seiner Hinrichtung seelischen Beistand liefert. Susan Saradon verkörpert sie als eine Nonne, wie es sie noch nie im Kino gab. Ohne Tracht und verklärten Gesichtsausdruck, auch nicht weltfremd oder komisch ist sie eine warmherzige und kluge Frau, die sich sehr anstrengt, ihre Arbeit so gut umd barmherzig wie nur irgend möglich zu verrichten. Eine Stärke des Film ist es, daß er nicht schwarz/weiß malt und es dem Zuschauer so unmöglich macht, allzu schnell Partei zu ergreifen. Neben den nur schwer erträglichen Details der Hinrichtung zeigt Robbins auch den grauenhaften Mord, er zeigt das Leid der Eltern der getöteten Jugendlichen. Vor allen Dingen zeigt er den Verurteilten als einen kaltherzigen, dummen und brutalen Rassisten. Sean Penn wirkt in dieser Rolle so authentisch und intensiv wie noch nie. Über weite Passagen wirkt der Film wie ein intimes Zweipersonenstück, in dem Sarandon und Penn ihre Rollen so tief ausloten, daß dabei viel mehr spürbar wird als nur der so gerne und oft bemühte Antagonismus zwischen der Heiligen und dem Monster. Auch hier verweigert uns Robbins die einfachen Antworten. (hip) Schauburg
E
Ein Schweinchen namens Babe USA 1995, R: Chris Noonan, D: James Cromwell, Magda Szubanski
„Das muß man erstmal auf die Beine stellen: Sprechende Tiere in einem Spielfilm, und das als Unterhaltungsstück für alle von 8 bis 80. Chris Noonan setzte diese unverfrorene Viecherei beschwingt und schweinisch gut in Szene.“ (Bremer) Schauburg, UT-Kinocenter, Wall-Kinocenter (OL) und Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshsn.)
Eins und eins macht vier USA 1995, R: Andy Tennant, D: Deborah Dean Davis, Mary-Kate u. Ashley Olsen, Kirtie Alley
„Weil sie sich zum Verwechseln ähnlich sehen, fassen die Waise Amanda und die Halbwaise Alyssa einen Plan: Für einen Tag tauschen sie die Rollen. Das brav inszenierte Märchen vom doppelten Lottchen erfreut durch die putzigen Zwillinge und die süße Kirstie Alley.“ (TV-Spielfilm) City, UT-Kinocenter und Wall-Kinocenter (OL)
Der Engländer, der auf einen Hügel stieg und von einem Berg herunterkam GB 1995, R: Christopher Monger, D: Hugh Grant, Colm Meany
„Dieser Film hat etwas, das man ansonsten eher Menschen zuschreibt: innere Werte. Hugh Grant zieht mit seinem hilflosen Kleinjungendackelblick und dem spitzbübischen Lächeln seine zwischenzeitlich hinlänglich strapazierten Register als richtiger Mann am falschen Ort, den man liebzuhaben hat.“ (epd-Film) Ufa-Stern, Apollo (WHV)
F
Familienfest und andere Schwierigkeiten USA 1995, R: Jodie Foster, D: Holly Hunter, Anne Bancroft
„Diese ist ein Frontbericht vom Zusammenprall unterschiedlicher Charaktere. Man muß sich ja nicht mögen, schließlich ist man miteinander verwandt. Der eine oder andere bittere Moment der Wahrheit kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß Jodie Foster im Grunde eine Hymne an Nestwärme und Familienwerte gelungen ist, die mit einem Schuß Sentimentalität menschliche Schwächen beobachtet, ohne diese bloßzustellen.“ (D. Lackner) Schauburg und UT-Kino
G
Gestohlene Herzen USA 1996, R:Bill Bennett, D: Sandra Bullock, Dennis Leary
„Roz (Sandra Bullock) findet ihren Freund Frank (Denis Leary) ganz okay, er hat nur einen Fehler: Er hat den falschen Job. Seine Nebentätigkeit als Gelegenheitsdieb bringt auf lange Sicht nicht das, was Roz vom Leben erwartet. Das Hollywood-Debüt des australischen Regisseurs Bill Bennett ist wenig einfallsreich inszeniert. Und das, obwohl Denis Leary, der Zyniker diverser MTV-Spots, am Drehbuch mitarbeitete. Allein der Sympathie-Bonus, den er und Sandra Bullock innehaben, hält den Film am Laufen.“ (TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kinocenter und Ziegelhof-Kinos (OL)
H
Heat USA 1995, R: Michael Mann, D: Robert De Niro, Al Pacino
„Clever war es, „Heat“ tatsächlich als Tragödie zu inszenieren. Michael Manns Film ist das klassische Drama zweier ewig zweifelnder, fatalistischer Männer, eingebettet in einen effizient und spannend gedrehten Thriller. Die Geschichte zweier tragischer Helden, die in dem festen Glauben, die Welt würde nach ihren Regeln funktionieren, Sympathieträger und Loser zugleich sind. Zum Schluß möchte man niemanden sterben sehen, so sehr sind die Grenzen zwischen Gut und Böse ambivalent geworden, ist das Scheitern im Menschlichen in den Vordergrund gerückt. Ein großer Film.“ (taz) Schauburg, Ufa-Palast und Ufa-Stern
Hera Linds – Das Superweib Deutschland 1995, R: Sönke Wortmann, D: Veronica Ferres, Joachim Krol
„Ein Bestsellerautor, ein Erfolgsregisseur, eine bewährte Besetzung, ein dynamischer Produzent: Was soll da schiefgehen ? Hera Linds Erfolgsroman „Das Superweib“ lieferte Sönke Wortmann und Produzent Bernd Eichinger die Vorlage für die Komödie um Franziska, die durch Zufall zur Bestsellerautorin wird. Wortmann ist sicher einer der talentiertesten deutschen Komödienmacher. Das merkt man auch dem Film an, obwohl alles ein bißchen nach Routine riecht.“ (TV-Spielfilm) UT-Kinocenter, Ufa-Palast und Wall-Kinocenter (OL)
J
Jumanji USA 1995, R: Joe Johnston, D: Robin Williams, Bonnie Hunt, Kirsten Dunst und die Drolly Dinos
„Viel Trick-Getöse in einer netten Story ohne Tiefgang.“ (Prinz)UT-Kino, Ufa-Palast und Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshsn.)
K
The Kingdom – Hospital der Geister Dänemark 1994, R: Lars van Trier, D: Kirsten Rolffes, Udo Kier/ Originalfassung mit Untertiteln
„Ein grandioses Comeback für Lars van Trier, den Kult-Regisseur von „The Element of Crime“ und „Europa“. Diese verrückte, düstere und tödlich komische Mischung aus Krankenhaus-Seifenoper, ockultem Horrorfilm und Gesellschaftssatire läßt David Lynch vergleichsweise harmlos wirken. Die Farce, die in einem großem, modernen Krankenhaus in Kopenhagen spielt, parodiert nicht etwa liebevoll die Klischees der Fernsehserien, sondern würgt sie mit einer mörderischen Umarmung. Dies ist ein Film, der keine Gelegenheit ausläßt, um zu weit zu gehen. Kein Tabu bleibt ungebrochen, keine Befindlichkeit, auf der nicht herumgetrampelt würde. Dies ist ein bizarres Hexengebräu aus ineinander verwobenen Erzählsträngen, Verschwörungstheorien und paranoiden Visionen – dies alles gedreht in atemlosem „Cinema verité“ Stil mit Handkamera und in den bei van Trier üblichen Gelbtönen, mit packenden, oft diabolischen Bildern und einer Filmmusik, die ständig zwischen hypnotischen und kreischenden Tönen wechselt. Wahnhaft, sehr schwarz, wahrscheinlich extrem ungesund und definitiv nichts für die Zimperlichen.“ (Time Out) Kino 46
L
Leni Deutschland 1993, R: Leo Hiemer, D: Hannes Thanheiser, Christa Berndl
Allgäu 1938. Eine wahre Geschichte. Und traurig. Inmitten wortkarger Rituale und saftiger Wiesen wächst die Leni auf. Die jüdische Mutter überließ das Baby der Fürsorge frommer Schwestern, die gaben es den Eibeles zur Pflege. Leo Hiemer vermeidet es dankenswerterweise, süßliche Bilder der süßen kleinen Leni aneinanderzureihen, nach der alten Kino-Weisheit, Tiere und kleine Kinder gehen immer. Klug auch, wie er der Gefahr papierender Dialoge entrinnt, indem er den Leuten einfach Redensarten in den Mund legt, nachdem er ihnen aufs Maul geschaut hat. (Mu) Atelier
Liebe und andere Grausamkeiten Kanada 1993, R: Denys Arcand, D: Thomas Gibson, Ruth Marschall
„Der schöne David steht im Mittelpunkt von sieben Personen, von siebzehn bis Ende zwanzig, irgendwo in einer nordamerikanischen Metropole, ohne Familie, ohne Sozialstruktur, ohne feste Arbeit. Wer Arcand kennt und schätzt, wird von einer gewissen Eindimensionalität enttäuscht sein. Er hat hier ein Theaterstück für die Leinwand eingerichtet, mehr nicht. Er bleibt bei der Guckkasten-Perspektive des Theaters und schafft trotz Außenaufnahmen keinen filmischen Erlebnis- und Bedeutungsraum.“ (epd-Film) Gondel
M
Männerpension Deutschland 1995, R: Detlev Buck, D: Detlev Buck, Til Schweiger, Heike Makatsch
„Männerpension zeugt davon, daß Buck auch anders kann. Er hat dazugelernt, ist mutiger geworden. Tauchten die guten alten Kinoklischees in seinen bisherigen Filmen allenfalls als närrische Parodien auf, so spielt er diesmal souverän damit, traut sich was. Zwecks Resozialisierung wird eine Gruppe von Knackis der Obhut alleinstehender Frauen überlassen. Das ist der Auftakt zu gleich zwei leidenschaftlichen Liebesgeschichten - die eine knistert von Erotik, die andere ist mehr was fürs Herz.“ (tip) City, Casablanca (OL) und Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshsn.)
Michel muß mehr Männchen machen Schweden 1971, R: Olle Hellbom, D: Jan Ohlson
Neben Pippi Langstrumpf ist der Lausbub Michel die zweite Romanfigur von Astrid Lindgren, über die in Schweden eine ganze Serie von Kinderfilmen gedreht wurde. Diesmal hat er seine Umwelt so zur Verzweiflung gebracht, daß die Dorfbewohner schon Geld gesammelt haben, um ihn nach Amerika zu schicken. Aber eine Magd meint, die Amerikaner wären schon mit den Erdbeben genug gestraft, da sollte man sie doch besser vor der Katastrophe Michel bewahren. Kino 46 und Bgh. Vegesack
Mr. Hollands Opus USA 1995, R: Stephen Herek, D: Richard Dreyfuss, Glenne Headly
„Es gibt Menschen, die sind zu gut für diese Welt, jedenfalls in Hollywood. Mr. Holland ist so ein Fall. Der Komponist, der als Musiklehrer sein Dasein fristet, entpuppt sich als Wunderheiler in Sachen Musikalität. Mit pädagogischem Furor verwandelt er einen Haufen hoffnungslos unbegabter Schüler in ein glanzvolles Orchester. Fast zwei geschlagene Stunden lang schwelgt der Film in naiver Klangkörperfreude. Der Weg zur Perfektion ist allerdings dornig für die Ohren des Kinopublikums. Und beneidenswert scheint auf die Dauer allein Mr. Hollands Sohn: Der Junge ist taub geboren.“ (Spiegel) UT-Kinocenter, UFA-Palast und Ziegelhof-Kinos (OL)
N
Niki de St. Phalle Deutschland 1994, R: Peter Schamoni, D: Niki de Saint Phalle, Jean Tinguely
Die französisch-amerikanische Künstlerin Niki de Saint Phalle erzählt von ihrem Leben, ihrem Werk und der Zusammenarbeit mit ihrem 1991 verstorbenen Ehemann, dem Kinetikkünstler Jean Tinguely. Cinema und Casablanca (OL)
O
Operation: Broken Arrow USA 1996, R: John Woo, D: John Travolta
„Dies ist der zweite amerikanische Film von John Woo, der seit langem als der brillianteste Haudegen des Hongkong-Kinos gilt. Sein Kult-Ruhm im Westen gründet auf düstern, blutspritzenden Gangsterballaden. Auch „Operation: Broken Arrow“ ist fabelhaft rasant inszeniert, aber wie eine Komödie von Pointe zu Pointe. Es ist, als hätte Woo seinen ganzen Virtuosen-Ehrgeiz daran gesetzt, ein Feuerwerk von Oberflächenreizen zu entzünden, eine bedeutungsfreie Montage-Choreographie des Kampfes. Doch diesmal ist der Schurke der Star, und das ist John Travolta. Seine Kunst, eine Figur von außen her auf einer Handvoll scharfer Manierismen aufzubauen, ist wieder einmal unwiderstehlich; und warum er trotzdem keinen Oscar kriegt, weiß ja jeder.“ (Der Spiegel) Modernes
Orlando Großbritannien 1992, R: Sally Potter, D: Tilda Swinton
„Auf den ersten Blick handelt es sich um eine Literaturverfilmung. Orlando, der Roman von Virginia Woolf, erzählt die Geschichte des jungen Edelmannes Orlando, der die Begünstigung durch Elisabeth I im Jahr 1600 damit bezahlen muß, daß er nicht altert. Und das runde 350 Jahre lang nicht. Der Film zieht seine Anziehungskraft aus zwei Quellen. Da ist einmal die Freude an Bildern. Ferne Länder, fremde Zeiten: barocke Obsttafeln, beschlittschuhte Müßiggänger auf der großen Eisfläche namens Themse, das seidige Blau, in dem das Konstantinopel des 19. Jahrhunderts erscheint. Der zweite Energiequell des Films ist die Schauspielerin Tilda Swinton: stolz, blaß und rothaarig, mehr knabenhaft als androgyn, eine britische Dame, wie sie britischer kaum vorzustellen ist, belebt sie in der Titelrolle diesen Film mit ihrer stillen Präsenz, ihrer unaufdringlichen Kraft. (taz) Gondel
P
Paul Bowles' Halbmond Deutschland 1994, R: Frieder Schlaich, Irene von Alberti, D: Paul Bowles, Samir Gumesmi
Drei Kurzgeschichten des Schriftstellers wurden hier mit viel Gefühl für Stimmungen und Spielorte adaptiert. Wir sehen die ärmliche Unterkunft eines Kiffers in Marrokko, die enge Kabine eines Flußbootes in Brasilien und eine Lehmhütte in der arabischen Wüste. Diese Drehorte werden durch die beiden deutschen Filmemacher Schlaich und Alberti so gekonnt in Bowles' existentialistische Atmosphäre getränkt, daß sich die Geschichten fast von selbst erzählen. So reichen sparsame Andeutungen, um spürbar zu machen, warum die schöne Marrokanerin den Kiffer und nicht den Säufer liebt, warum eine Ehe bei einer strapaziösen Schiffsreise scheitert und warum ein Junge sich in eine Schlange verwandelt. (hip) Kino 46
Peanuts – die Bank zahlt alles Deutschland 1995, R: Carlo Rola, D: Heinz Schenk, Ulrich Mühe, Iris Berben, Rüdiger Vogler
„Der Vorspann bringt es auf den Punkt: „Ähnlichkeiten mit lebenden, flüchtigen oder einsitzenden Personen sind rein zufällig, aber unvermeidbar.“ Daß hinter der Figur des glücklosen Bauunternehmners Jochen Schuster der Spekulant Jürgen Schneider steckt, wird nicht sofort klar. Und rein optisch ähnelt der vorzügliche und immer noch unterschätzte Ulrich Mühe eher dem Ex-Bayern-Coach Dettmar Cramer als jenem Schneider. Ohne sehr zu übertreiben: “Schtonk!“ hat in Carlo Rolas Satire einen würdigen Nachfolger gefunden. Denn zum Glück ist den Drehbuchautoren Peter Zingler und Eberhard Junkersdorf der gefährliche Balanceakt zwischen scharfem Witz und schenkelklopfender Plumpheit gelungen.“ (V. Bleek) Ufa-Stern
Pulp Fiction USA 1994, R: Quentin Tarantino, D: John Travolta, Bruce Willis, Harvey Keitel
„Daß da ausgerechnet Quentin Tarantino ein laxer und gefährlicher Umgang mit Gewalt vorgeworfen wird, ist absurd: von Oliver Stones dumpf gespreitzer, schockgeiler und schmierig-koketter Verhunzung des Tarantino-Drehbuchs „Natural Born Killers“ trennen „Pulp Fiction“ Welten.“ (Thomas Klingenmeier) Cinema
R
Richard III Großbritannien 1995, R: Richard Loncraine, D: Ian McKellen, Annette Benning, Robert Downey Jr.
„An die vier Stunden braucht ein halbwegs solider Theaterregisseur, um Aufstieg und Fall von Shakespeares fiesestem Finsterling auf der Bühne nachzuerzählen. Der Brite Richard Loncraine schafft es in seiner arg gerafften Kino-Verson in 104 Minuten. Er verlegt den Rosenkrieg in die dekadenten dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts: Schnieke Royals rauchen Kette, gönnen sich schon mal eine Ampulle Morphium und walzen zum sinnliche Sound der Big Band. Richard meuchelt als buckliger Beau von abgefeimter Eleganz. Nachdem er die störende Verwandtschaft aus dem Wege gemordet hat, mausert sich der clevere König in dieser bemerkenswert konsequenten Leinwandfassung zum Fascho-Diktator mit Standarten-Parade und Schwarzhemd-Bataillonen. Die Opposition bläst zum gerechten Kampf und der umzingelte Despot stöhnt in seinem heißgelaufenen Jeep glaubwürdig wie noch nie: Ein Pferd, ein Pferd. Ein Königreich für ein Pferd." (Der Spiegel) Gondel und Muwi-Filmkunst (OL)
S
Schnappt Shorty USA 1995, R: Barry Sonnenfeld, D: John Travolta, Gene Hackmann
„Der sarkastische Grundton des Schriftstellers geht leider in den meisten Filmen, die auf seinen Büchern basieren, verloren, aber Barry Sonnenfelds Film fängt seine souveräne Lakonie schön ein. Und weil „Schnappt Shorty“ auch von Hollywood erzählt, paßt hier auch ideal sein etwas hinterhältiger Spott, der dem Film seinen komischen Schwung gibt. Der Witz dabei ist, daß Chili ein eingefleischter Cineast ist und es liebt, von den smarten Gangsterfilmen zu erzählen, die ihm so gefallen. „Schnappt Shorty“ gehört mit auf seine Liste.“ (New York Times) Ufa-Palast und Muwi-Filmkunst (OL)
Die Schwanenprinzessin USA 1994, R: Richie Rich
„Als wahrer Zuckerbäcker erweist sich Richard Rich mit seinem ersten langen Zeichentrickfilm. Bei der Erzählung einer fantastischen Liebesgeschichte von der verzauberten Prinzessin, die nur von dem geliebten Prinzen befreit werden kann, wagt er sich bis an die Grenze des guten Geschmacks vor. Das Ergebnis dieser gekonnten Gratwanderung ist ein rührendes Märchen mit allem, was dazugehört.“ (tip) Schauburg
Sinn und Sinnlichkeit England 1995, R: Ang Lee, D: Emma Thompson, Hugh Grant u.a.
Was der taiwanesische Regisseur Ang Lee aus dem britischen Klassiker von Jane Austen gemacht hat, ist bewunderswert. Statt aus der episch breiten Story flache Ausstattungs-Orgie a la Merchant/Ivory zu machen, hat Ang Lee so viel Laura Ashley-Atmosphäre wie nötig und so viel ironische Distanz wie möglich reingesteckt. Wobei Emma Thompson als verstandesgeleitete Elinor um Hugh Grant wirbt und ihre Schwester Marianne (Kate Winslet) sich Hals über Kopf in einen nicht ganz ehrenhaften Beau verliebt. (Mu) Europa, Casablanca (OL) und Apollo (WHV)
Stadtgespräch Deutschland 1995, R: Rainer Kaufmann, D: Katja Riemann, Kai Wiesinger
„Kaufmanns Komödie der Irrungen und Wirrungen versucht es auf die todsichere Tour: ein bißchen Riemann, ein bißchen Wiesinger, eine Prise Singlefrust, etwas schwule Romantik und ein paar krachende Pointen. Obwohl das Rezept nicht ganz aufging, kann der Film dennoch munden.“ (tip) Ufa-Stern
Stille Nacht Deutschland 1996, R: Dani Levy, D: Maria Schrader, Jürgen Vogel
Eine Dreiecksgeschichte mehr, aber eine, die es in sich hat. Ein Hotelzimmer in Paris, von wo aus Christian (Mark Schlichter) seine große Liebe Julia (Maria Schrader) via Telefon und Fax mit liebes- und Haßbezeugungen traktiert, mit Drohungen und larmoyanten Lügengeschichten. Julia ist entschloßen, ihre Affäre mit Frank (Jürgen Vogel) zu beenden. Mit Wechselbad der Gefühle ist nur ansatzweise ausgedrückt, was der Schweizer Regisseur Dani Levi aus seinen Darstellern und seiner Story herausholt. Nachdem mittlerweile genügend neue deutsche Komödien zu Ruhm, Publikum und einem starken Verleih gekommen sind, wagt Levy sich ans Melodram. Kühle Atmosphäre und Persönlichkeitsstudien von analytischer Schärfe verbindet Levy mit großen Leidenschaften auf der nach oben offenen Emotions-Skala. Applaus für Levys konsequenten Stilwillen! (Mu) City
Sudden Death USA 1995, R: Peter Hyams, D: Jean-Claude Van Damme
„Sudden Death konfrontiert uns mit der ja beinahe alltäglichen Situation eines geplanten Terroranschlags auf ein Eisstadion, in dem zwei Eishockey-Teams um den Stanley-Cup spielen. Ohne den belgischen Sagenheld Van Damme als Feuerwehrmann und Inkognito-Torwart gäbe es bei dieser Party ausschließlich Verlierer.“ (TV-Spielfilm) UFA-Stern und Wall-Kinocenter
T
Tim und Struppi im Sonnentempel Belgien/Frankreich 1972, R: Raymond Leblanc
Steven Spielberg hat ja schon vor Jahren versprochen, bald mal eine Spielfilmversion von einem Tim und Struppi-Comic zu machen. Aber solange wir noch auf Harrison Ford mit Tims toller Haartolle warten müßen, bleiben uns diese Zeichentrickfilme, die im Fernsehen alle Jahre im Morgenprogramm wiederholt werden. (hip) Atlantis
Der Totmacher Deutschland 1995, R: Romuald Karmakar, D: Götz George, Jürgen Hensch
„Der Fall des Hannoveraner Kaufmanns Günther Fritz Haarmann, der 1924 unter Anklage stand, mehr als zwanzig junge Männer umgebracht und zerstückelt zu haben, hielt die Weimarer Republik in Atem. Die Protokolle des psychiatrischen Verhörs sind erhalten. Sie dienen als Basis für ein packendes Duell in Worten und Gesten, dessen Dramaturgie keineswegs auf einen vordergründigen Thesenbeweis zielt, sondern die Komplexität des Falles und der Charaktere bewahrt.“ (tip) Modernes
Toy Story USA 1995, R: John Lasseter
Von der Machart her ist „Toy Story“ mit keinem anderen Disneyprodukt zu vergleichen, denn diese ist der erste vollständig im Computer animierte Spielfilm. Das Ergebniss ist verblüfffend, denn die Filmfiguren bewegen sich so natürlich, dreidimensional und differenziert, wie es im Trickfilm bisher unmöglich war. Das Spielzeug scheint wirklich auf der Leinwand lebendig zu werden. Die Abenteuer von Woody & Buzz sind zwar nicht ganz so originell und witzig wie die handgekneteten von „Wallace & Gromit“, aber dennoch ist „Toy Story“ schönstes Unterhaltungskino. Und das nicht nur für Kinder, sondern auch für alle Kindsköpfe, die sich noch gerne an ihr eigenes Lieblingsspielzeug erinnern. (hip) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall-Kinocenter (OL)
W
Wallace & Gromit – Unter Schafen Großbritannien 1995, R: Nick Park u.a. / der 2. Teil der Aardman Colection / Originalfassung ohne Untertitel
„Es gibt da eine fantastische Straßenjagd, bei der Gromits Beiwagen sich vom Motorrad von Wallace ablöst und in ein Kampfflugzeug verwandelt - ganz wie bei Snoopy; ein boshaftes Lamm, daß wie der Pinguin in „The Wrong Trousers“ agiert und ein Puzzle, das in Gromits Zelle geliefert wird und, nachdem es zusammengesetzt wird, die Botschaft über die Flucht enthält. Als eine bemerkenswerte Mischung aus Kindlichem und Raffiniertem ist der Film in jeder Minute überraschend und originell.“ (The Observer) Cinema, Atlantis, Casablanca (OL), Apollo (WHV)
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