Die Goldrausche ist ein kleiner Fisch

■ Nach Beleidigung und Fischwilderei jetzt als Agent verurteilt

„Das ist das geringste Urteil in so einem Verfahren“, leitete Richter Albrecht Mentz gestern am Hanseatischen Oberlandesgericht seine Urteilsbegründung ein. Neun Monate auf Bewährung und die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte für zwei Jahre lautete das Urteil gegen den Diplom-Volkswirt Wolfgang Erck. Insgesamt 17 Jahre hat der 52-jährige dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) regelmäßig Informationen aus der Bundesrepublik geliefert.

Überwiegend dürftiges Material – wie Broschüren der ÖTV zum Arbeitsrecht – hat Erck in dieser Zeit nach Berlin und Leipzig befördert. Das ließ nicht nur seinen Führungsoffizier Rolf unbefriedigt, sondern reichte auch nach Ansicht von Oberstaatsanwalt Dietrich Klein gerade so aus, um den Tatbestand der „geheimdienstlichen Tätigkeit“ zu erfüllen. Einzelne Sonderaufträge, bei denen es darum ging, Häuser und Personen zu fotografieren oder Klingelschilder auszuspähen, ragen aus dem Einerlei der Berichte und politischen Gespräche mit den Mitarbeitern des MfS negativ heraus, räumt Verteidiger Klaus-Ulrich Ventske ein.

Der sportlich wirkende Angeklagte legte ein ausführliches Geständnis ab. Und doch konnte oder wollte er sich an vieles nicht mehr genau erinnern. Wie viele andere IMs leidet auch IM „Hans Meisner“ an jener Art von Gedächtnislücken, die stets nur das wieder auftauchen lassen, was die Behörden sowieso rausgefunden hätten.

Bei soviel gutem Willen fallen auch Ercks Vorstrafen wegen Beleidigung eines Polizisten und des unerlaubten Entfernens einer Goldrausche aus der Luhe nicht ins Gewicht. Im Ergebnis ein mildes Urteil. Nur die Aberkennung des aktiven und passiven Wahlrechts schmerzt den Angeklagten sichtlich. Er war und ist in Gewerkschaften und Fußballvereinen aktiv. Und als Denkzettel für einen Bürger, der der Bundesrepublik kritisch distanziert gegenüber steht, ist diese Nebenstrafe auch gemeint, erklärte Richter Mentz. is