Schilda in Finkenwerder

■ Planverfahren für DASA-Erweiterung, aber nicht für die Verkehrsumgehung: Keine Arbeitsplätze, aber dafür Verkehrschaos Von Heike Haarhoff

„Finkenwerder ist doch nicht Schilda.“ Die Einschätzung des Jan-Hinrich Fock, SPD-Fraktionschef in Mitte, zeugt von hanseatischem Understatement: Die umstrittene Dasa-Werkserweiterung südlich des Neßhauptdeichs gerät immer mehr zur stadt- und verkehrsplanerischen Katastrophe als zum amüsanten Bürgerstreich. Erwartungsgemäß beschloß der Stadtplanungssausschuß am Mittwoch gegen die Stimmen von GAL und CDU, das zum Dasa-Ausbau nötige BebauungsplanverfahrenFinkenwerder 35 mit einer öffentlichen Anhörung am 12. Juni in Finkenwerder einzuleiten.

Anstatt die dringend nötige Ortsumgehung Finkenwerder zeitgleich mit der Werkserweiterung durchzuführen, wurden die beiden Verfahren entkoppelt. Schon im Frühjahr 1997 will die Stadt den Dasa-Ausbau planungsrechtlich durchgepeitscht haben; mit einer Umgehungsstraße rechnet Fock aber „erst so um 2001, 2002“. Solange müßte die Durchgangs-Verkehrslawine sich auf dem Obstmarschenweg stauen, der schon heute an den Abgasen von täglich 10.000 Fahrzeugen erstickt. Die derzeitige Hauptverbindung ins Alte Land, der Neßhauptdeich, soll nach SPD-Willen nur noch von öffentlichem Nahverkehr, Feuerwehr, Polizei und Taxis passiert werden. Denn: Die Straße muß künftig achtmal stündlich gesperrt werden, damit Dasa-Maschinen den Deich über ein sogenanntes Gatt durchqueren können. Als unsicher gilt inzwischen sogar, ob das zwölf Millionen teure Tor aus Landesmitteln überhaupt fristgerecht fertig werden kann: Das dazu nötige wasserrechtliche Verfahren „wurde bisher nicht eingeleitet, weil das B-Planverfahren nicht entsprechend fortgeschritten ist“, bestätigt Strom- und Hafenbau-Sprecher Rolf Semrok die zeitliche Verzögerung. Notfalls, höhnen Erweiterungs-Skeptiker, müßten die Flugzeuge eben über den Deich fliegen.

Neue Jobs, versichert die Dasa, werden die Flugzeugparkplätze und Lärmschutzhalle auf der 35 Hektar großen Wiese ohnehin nicht bescheren. Im Gegenteil: Gerüchten zufolge soll – zusätzlich zum Dolores-Stellenabbau – ein Teil der Produktion nach Dresden in die Elbe-Flugzeugwerke verlagert werden. Während Dasa Hamburg das bestreitet, bestätigte gestern ein Sprecher aus Dresden der taz, daß „Überlegungen in diese Richtung wegen der Fokker-Krise im Gange sind“. Allerdings sei die Endmontage, mit der der Ausbau begründet wird, „davon nicht betroffen“.

„Das ist keine aktive Beschäftigungspolitik“, wettert CDU-Fraktionschef Kühlhorn. Üblich sei, mittelständische Betriebe städtischerseits nur dann zu unterstützen, „wenn pro 100 Quadratmeter mindestens ein neuer Arbeitsplatz geschaffen wird.“ Ob die Fertigung des Airbus A 320 überhaupt nach Hamburg komme, stehe in den Sternen. Die Öffnung der Alten Süderelbe als ökologischer Ausgleich wackele planungsrechtlich, so Kühlhorn. Dann aber schlägt er CDU-konform als Ersatz-Erweiterungsfläche ausgerechnet das Mühlenberger Loch vor.

Am Dienstag wird die SPD-Mehrheit in der Bezirksversammlung die desaströsen Pläne wohl absegnen. Umstritten ist unter den Sozis lediglich, ob neben Jet-Parkplätzen auch drei 30 Meter hohe und 100 Meter lange Lärmschutzhallen gebaut werden dürfen, die das angrenzende Wohn- und Kleingartengebiet überschatten würden. Im Stadtplanungsausschuß wurde behauptet, die Hallen besäßen nur Einfamilienhaus-Größe. „Da haben die sich wohl an Eugen Wagners Haus orientiert“, so ein Insider, der die Residenz des Bausenators in Finkenwerder gut kennt.