piwik no script img

Makabere Reue Wiedergutmachung

■ Versicherungsbetrug vor dem Amtsgericht

Der Finanzkaufmann Manfred H. zeigte sich gestern gegenüber dem Bremer Amtsgericht reuig und einsichtig. Er hatte von Oktober 93 bis Dezember 94 zwei Versicherungsgesellschaften betrogen, indem er Lebensversicherungen unter falschem Namen abschloß, dann die entsprechenden Sterbeurkunden und ärztlichen Bescheinigungen fälschte. Bei einer dritten Versicherungsgesellschaft flog der Schwindel auf, bevor das Geld ausgezahlt wurde. Eine aufmerksame Sachbearbeiterin war mißtrauisch geworden, weil Manfred H. bei Vertagsabschluß erst keine Adresse angeben konnte und die Police nur eigenhändig abholen wollte, damit angeblich seine Frau nicht erfuhr, daß er seine neue Freundin als Begünstigte einsetzte.

Manfred H. war von Oktober 92 bis März 94 international vermißt gemeldet. Er hatte schon länger geplant abzutauchen. Wie er diese Zeit ausgefüllt hat, darüber wollte er vor dem Bremer Amtsgericht gestern keinerlei Aussagen machen –nur, daß er damals die Bekanntschaft mit Leuten gemacht hatte, denen er dann Geld schuldete und die ihn zu dem Betrug mit den Lebensversicherungen gezwungen haben. Auch heute stehe er noch so unter Druck, daß er um sein Leben fürchten müsse, wenn er sein Schweigen breche.

Selbst sein Anwalt schien von dieser Angst angesteckt zu sein. Auch er wolle am liebsten möglichst wenig über diese dubiosen Hintermänner wissen. Der Anwalt schien der einzige Mensch im Raum zu sein, der seinem Klienten die abenteuerliche Mafia-Geschichte abnahm. Nebst seiner Lebensgefährtin natürlich – die stand gestern auch vor Gericht, wegen Beihilfe zum Betrug.

Sie hatte die Versicherungsgelder per Verrechnungsscheck erhalten, auf ihr Konto eingezahlt, abgehoben und Manfred H. ausgezahlt. Sie kam mit einer Geldstrafe davon. Manfred H. mit zwei Jahren Bewährung. Das Gericht wertete zu seinen Gunsten, daß er die Schadenswiedergutmachung bei den Versicherungen selbst eingeleitet hatte. Einen Teil der Schuld hat er bereits zurückgezahlt. Für den Rest hat er einen makabren Deal mit der Versicherung abgeschlossen: Er hat bei der Gesellschaft eine Lebensversicherung unterschrieben. Der Angeklagte zahlt artig seine Beiträge an die geschädigte Gesellschaft. Für den Fall, daß er stirbt, kassiert die Versicherung. mai

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen