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Auch in Spanien soll die Wehrpflicht fallen

Die Katalanen haben Spaniens konservativen Wahlsiegern einige Kompromisse abgehandelt  ■ Aus Madrid Reiner Wandler

Spanien steht vor „der tiefgreifendsten Staatsreform seit dem Übergang von der Diktatur zur Demokratie“, bewertet der Sprecher des katalanisch-nationalistischen Parteienbündnisses Convergència i Unió (CiU), Pedro Esteve, die laufenden Verhandlungen zwischen seiner Partei und dem konservativen Wahlsieger José Maria Aznar. Die Gespräche stehen kurz vor ihrem Abschluß. In den nächsten Tagen soll noch an Einzelheiten gefeilt werden, bevor der CiU- Vorstand zwischen dem 26. und 28. April die Ergebnisse prüft. José María Aznar könnte somit am 30.April oder spätestens nach dem langen Wochenende vom 1.Mai im Parlament zum neuen Regierungschef gewählt werden.

Die beiden Parteien einigten sich auf eine breite Privatisierung von Staatsbetrieben. In den verbleibenden öffentlichen Unternehmen will CiU künftig im Aufsichtsrat vertreten sein, soweit sie ihren Sitz in Katalonien haben. Das spanische Militär soll ähnlich wie in Frankreich, Holland und Belgien zum Berufsheer umgewandelt werden. Bis dahin wird der Militärdienst von bisher neun Monaten auf ein halbes Jahr gekürzt. Die Einführung eines Wehrsoldes von umgerechnet 350 Mark im Monat wird geprüft. In rund sechs Jahren soll die Umwandlung von der Pflicht- zur Freiwilligenarmee abgeschlossen sein – und das scheinen Aznar und CiU gemeinsam erleben zu wollen. „Die Tür für eine Zusammenarbeit über den Tag der Abstimmung zur Regierungsbildung hinaus ist offen“, bestätigt CiU-Sprecher Esteve.

Die Verhandlungen mit den baskischen Nationalisten der PNV mit ihren fünf Abgeordneten gehen schleppender voran. Am Dienstag nachmittag versuchte Aznar und PNV-Chef Xavier Arzalluz höchstpersönlich, mehr Schwung in die Gespräche zu bringen. Doch selbst wenn sie scheitern sollten, wird es Aznar nicht an Stimmen mangeln. Der Volkspartei (PP) fehlen 20 Sitze zur absoluten Mehrheit. CiU steuert 16 bei und die Kanarische Koalition (CC) vier. Sie unterstützen Aznar im Tausch gegen eine Beibehaltung des Sonderstatutes der Inseln vor Afrikas Westküste als Steuerparadies.

Auch bei den Katalanen steht das Thema Steuern ganz oben auf der Verhandlungsliste. 30 statt bisher 15 Prozent der Einkommen- steuer sollen künftig direkt von den Regionen einbehalten werden – ein Plus von zwei Milliarden Mark für die Kassen der Generalitat, der Autonomieregierung in Barcelona. Den Katalanen, in deren Regionalkasse ein Loch von zehn Milliarden klafft, kommt das mehr als gelegen. Über diesen Teil der Steuer erhalten Regionen Gesetzgebungskompetenzen und können somit ihrerseits die Abgabensätze zur gezielten Strukturpolitik benutzen. Ob auch 15 Prozent der Mehrwertsteuer künftig in den Regionen bleibt, ist noch offen.

Die Zivilgouverneure in Katalonien – vergleichbar den französischen Präfekten – werden abgezogen. Die Funktionen, die sie bisher innehatten, gehen an die Autonomieregierung über. Die Generalitat erhält damit künftig Exekutivrechte auch in den Bereichen, die weiterhin der Zentralregierung in Madrid unterstehen.

Die katalanische Regionalpolizei Mossos d'Esquadra wird die Guardia Civil auf Kataloniens Straßen ablösen. Bis die Mossos d'Esquadra genügend neue Beamte eingestellt haben, wird die katalanische Autonomieregierung Generalitat die Verkehrsabteilung der Guardia Civil kommandieren. Die Verwaltung von Häfen und Autobahnen Kataloniens wechselt von Madrid nach Barcelona. Das Arbeitsamt wird aufgeteilt. Die Arbeitslosengeldzahlung wird künftig von der Sozialversicherung geleistet, um eine einheitliche spanienweite Kasse zu wahren, die restlichen Aufgaben des Amtes, wie Weiterbildung und Arbeitsförderungsmaßnahmen fallen an die Autonomieregierung.

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