: Holzschutzmittel-Verfahren, zum dritten
■ Nachfolgefirma der Desowag lehnt Einrichtung eines Fonds für Geschädigte ab
Frankfurt/Main (taz) – Wie das Hornberger Schießen könne am Ende der wohl spektakulärste Umweltschutzprozeß in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ausgehen. Zwar müßte das Holzschutzmittelverfahren vor dem Landgericht in Frankfurt neu aufgerollt werden, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) im August 1995 ein erstes Urteil des Landgerichts wegen Befangenheit eines Gutachters aufgehoben hatte. Doch die beiden Angeklagten, die ehemaligen Manager der Holzschutzmittelfirma Desowag, Klaus Steinberg und Fritz Hagedorn, denen die bewußte gesundheitliche Schädigung von mehreren hundert Menschen durch ihr Produkt vorgeworfen wird, sind inzwischen selbst schwer erkrankt. Sollten sie weiter verhandlungsunfähig bleiben, so die Staatsanwaltschaft, werde das Umweltstrafverfahren wohl eingestellt werden müssen.
Nach der Aufhebung des ersten Urteils durch den BGH hatten die Verteidiger der Angeklagten, die zuständige 29. Strafkammer am Landgericht und die Staatsanwaltschaft Verhandlungen über eine Einstellung des Verfahrens geführt. Doch die Gespräche sind an der Kompromißlosigkeit der Firmen gescheitert, wie der zuständige Oberstaatsanwalt Manfred Stotz bekanntgab. Die Staatsanwaltschaft hatte angeregt, daß die Rechtsnachfolgerin der inzwischen aufgelösten Desowag Materialschutz GmbH, die Firma DMS Verwaltungs GmbH, sowie die ehemalige Anteilseigentümerin Bayer AG und die jetzt alleinige Muttergesellschaft Solvay Deutschland GmbH einen Fonds zur Entschädigung der erkrankten NebenklägerInnen gründen.
Der Fonds in Form einer Stiftung für Holzschutzmittelgeschädigte sollte nach den Vorstellungen der Staatsanwälte mit zwölf Millionen Mark ausgestattet werden. Bayer und Solvay seien jedoch lediglich bereit gewesen, in einen Fonds zur Erforschung der Auswirkungen von „Substanzen“ auf Menschen einzuzahlen. Zahlungen an die Opfer verweigern die Firmen, weil nicht nachzuweisen sei, daß die Gesundheitsschäden wirklich durch das PCP- und Lindan-haltige Holzschutzmittel ausgelöst worden seien. Klaus-Peter Klingelschmitt
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