piwik no script img

Monopoly um Strom & Naß

Bürgeraktien-Modell gegen PreussenElektra  ■ Aus Frankfurt/Main Klaus-Peter Klingelschmitt

Daß man allein durch Kauf des Wasserwerks das Millionenspiel nicht gewinnen kann, wissen passionierte MonopolystInnen. Vielleicht deshalb will der Frankfurter Stadtkämmerer und Umweltdezernent Tom Koenigs gleich die gesamten Stadtwerke mit ihren Unterabteilungen Strom, Gas und Wasser zum Kauf anbieten.

Der Bündnisgrüne Koenigs will an die Börse. 30 Prozent der noch zu druckenden Aktien der Stadtwerke im Nennwert von 5 Mark sollen die FrankfurterInnen erwerben können. Weitere 20 Prozent will Koenigs für „international aktive Unternehmen aus der Energie- und Wasserwirtschaft“ reservieren. Und die Stadt selbst soll 50 Prozent plus eine Aktie behalten, damit sie weiterhin den Kurs der Stadtwerke bestimmen kann.

Defizitärer Nahverkehr bleibt bei der Stadt

Um das „Bürgeraktien-Modell“, wie es Koenigs nennt, den AnlegerInnen schmackhaft zu machen, hat der Kämmerer in seinem Vorschlag die hoch defizitären Nahverkehrsbetriebe von der Privatisierung ausgeschlossen. Beim Verkauf von Strom, Wärme, Gas und Wasser, so die Spartenergebnisse der Stadtwerke von 1994, wird nämlich noch Geld verdient. Dagegen schlug beim Nahverkehr der Betriebsverlust 1994 mit mehr als einer Viertelmilliarde Mark zu Buche. Und wer kauft schon Aktien von einem Unternehmen, bei dem die bescheidenen Gewinne auf drei Geschäftsfeldern von den Verlusten im vierten wiederaufgefressen werden?

Widerstand gegen die Privatisierungspläne wird ausgerechnet aus der politischen Ecke signalisiert, aus der heraus seit Jahr und Tag die umfassende Privatisierung kommunaler Tätigkeitsbereiche gefordert wird. Mit Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), so sagt sie kämpferisch, werde es eine „Zerschlagung der Stadtwerke“ nicht geben. Sie fordert im Gegenzug eine „strategische Allianz“ der Stadtwerke mit der Maingas AG, einer vor allem im Umland aktiven Tochtergesellschaft der Stadtwerke, an der indirekt der Energiegigant PreussenElektra beteiligt ist. Roth: „Maingas und Stadtwerke haben schon heute eine über die Stadtgrenzen hinausreichende Bedeutung für die regionale Infrastruktur. Im Gegensatz zu Herrn Koenigs bin ich entschlossen, diese Entwicklung weiter zu fördern.“

War es nur Zufall, daß die Maingas AG – zeitgleich mit den Einlassungen von Roth – ein eigenes Modell dafür vorlegte? Schließlich sitzt die Oberbürgermeisterin qua Amt im Aufsichtsrat der Maingas AG. Deren Vorstandssprecher Heinrich Stiens sprach sich für einen gemeinsamen Versorgungskonzern unter „einheitlicher Leitung“ aus und schlug, in Absprache mit dem Geschäftsführer der Stadtwerke, Jürgen Wann, auch gleich einen neuen Firmennamen vor: Mainag.

Will PreussenElektra Strompreis bestimmen?

Nach den Vorstellungen der beiden soll die „Mainag“ dann die Sparten Strom- und Wasserversorgung und Gas- und Fernwärmeversorgung von den Stadtwerken erwerben. An der neuen Firma soll die Thüringer Gasgesellschaft (Thüga), die zu 67 Prozent der PreussenElektra gehört, mit 37 Prozent beteiligt werden. Die Stadtwerke würden dann nur noch als Holding fungieren, die Alleingesellschafter der Verkehrs GmbH, Mehrheitsgesellschafter der „Mainag“ und Minderheitsgesellschafter der Flughafen AG wäre.

Kapitalkonzentration unter Einbeziehung der PreussenElektra oder Beteiligung der BürgerInnen heißen demnach die Alternativen. Und in Frankfurt zeichnen sich in der Auseinandersetzung um das bessere Konzept ungewöhnliche politische Konstellationen ab. „Lobenswert“ nannte etwa der Bund der Steuerzahler (BdSt) die „Privatisierungsidee“ von Koenigs. Durch die breite Streuung der Aktien, so der hessische Vorsitzende des BdSt, Ulrich Fried, ließe sich ein verstärkter Einfluß der oligopolistischen Elektrizitätswirtschaft verhindern.

Gegen beide Modelle opponierten bereits die Sozialdemokraten in Frankfurt. Sie möchten verhindern, daß die lukrativen Teile der Stadtwerke privatisiert werden und der defizitäre Rest, der Nahverkehrsbereich, zu 100 Prozent an der Stadt hängenbleibt. Die SPD besteht zunächst auf der Vorlage eines „langfristigen Energiekonzeptes“ für die Stadtwerke, bevor nach möglichen Käufern gesucht wird. Um die SPD und ihren Gewerkschaftsanhang ÖTV doch noch für sein Modell zu begeistern, hat Koenigs inzwischen die Ausgabe von Belegschaftsaktien in Aussicht gestellt.

Fest steht: Sollte Roth das „Mainag“-Modell durchziehen, mit welchen Mehrheiten im Stadtparlament auch immer, wird am Ende die PeussenElektra über die „Mainag“ (Thüga) mit sich selbst die zukünftigen Stromtarife aushandeln können. Nicht umsonst hat Tom Koenigs deshalb schon das Bundeskartellamt in die Debatte gebracht. In Bremen, so Koenigs, habe dies bereits eine Übernahme der Stadtwerke zu nur 29 Prozent durch die Veba aufgrund der Verquickung mit PreussenElektra „abgemahnt“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen