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Linie bestätigt

■ Trotz problematischer Zahlen stehen die Mitglieder des Kunstvereins zu ihrem Direktor

„Die Bildende Kunst in Hamburg fördern und die Liebe zur Kunst wecken“ – das ist der satzungsgemäße Auftrag des Hamburger Kunstvereins. Was das heißt, darüber schwelt in Deutschlands ältestem Kunstverein seit langem ein Richtungsstreit, der auf der Mitgliederversammlung Montag abend eine Klärung finden sollte. Denn es standen Vorstandsneuwahlen an und damit eine Entscheidung über die Vertragsverlängerung mit Direktor Stephan Schmidt-Wulffen, weil der neue Vorstand mit ihm über seine Weiterarbeit verhandeln soll. Und die letzten Ergebnisse von Schmidt-Wulffens Arbeit sind nicht gerade rosig.

Die Mitgliederzahl ist deutlich sinkend, die Zahl von etwas mehr als 15.000 Besuchern ist geringer als im Kunsthaus des BBK nebenan, keine einzige der Ausstellungen im letzten Jahr hat mit Gewinn abgeschlossen und das Gesamtdefizit hat sich auf 206.000 Mark erhöht. So schlimm ist das alles aber auch nicht. Der Mitgliederschwund spiegelt einen Generationskonflikt und die Marktlücke zur Profilierung zwischen dem Kunsthaus, den Deichtorhallen und der Kunsthalle ist für den Kunstverein so klein geworden, daß ein in seiner Konsequenz gelobtes Programm nicht mit Gewinn zu machen ist. Auch könnten die 2247 Mitglieder mit einer einmaligen Umlage von weniger als 100 Mark pro Nase den Verein leicht entschulden.

Dennoch gibt es immer wieder grundsätzliche Opposition zu Schmidt-Wulffens intellektuellem Konzept, meist verbunden mit dem Wunsch nach Abwahl des Direktors. Gewünscht wird dann eine Ausstellungspolitik, die Hamburger Künstler und Kunst der klassischen Moderne stärker berücksichtigt. Schmidt-Wulffens im strengen Rahmen der Vorgaben eher improvisiertes Programm mit weitgehender Übernahme von Ausstellungen und endlosem, finanziell begründetem Verschieben eigener Konzepte behagt seinen Gegnern nicht. Dazu kommt eine nach wie vor schlechte Informationspolitik von Direktor und Vorstand und trotz des eindeutigen Auftrags einer früheren Mitgliederversammlung wurde es versäumt, eine neue Satzung zu erstellen.

Dennoch wurde der Vorstand entlastet und der überwiegend gelobte Schmidt-Wulffen stellte ein neues Konzept vor, daß interessant klingt und Einsparungen bringen soll, das aber bisher keiner so recht verstanden hat. Als Kernpunkte deutete der alte und wohl auch neue Direktor an: die Einrichtung eines Kommunikationszentrums im Kellerbereich, eine Reduktion der zu bespielenden Fläche und eine langfristige Ausstellung der Kunst von 1985 bis 1995 in der oberen Halle.

Mit dem Wahlausgang bestätigten die fünf anwesenden Prozent der Mitglieder den bisherigen Kurs, Kritiker der Linie von Stephan Schmidt-Wulffen wurden aus dem Vorstand abgewählt. Fünf der neun Vorstandsmitglieder wurden bestätigt, für die anderen kamen neu ein Architekt, ein HfbK-Student und ein Kunstsammler aus der Wirtschaft, sowie die Hamburger Journalistin und Sprecherin der nächsten documenta Claudia Herstatt. Hajo Schiff

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