■ Standbild: Souveränes Anpinkeln
„Ran van Vogts“, Dienstag, Sat.1, 22 Uhr
„Der Tag vor dem Eurogipfel“, krähte es aus dem Studio- Off. Und los ging's. Sat.1, das sich schon im vergangenen Jahr die Übertragungsrechte für das Länderspiel zwischen den Niederlanden und Deutschland sicherte, wollte zeigen, wie gut der DFB daran tat, die Lizenz zur allerersten Bundesligaberichterstattung bei Reinhold Beckmanns Crew zu belassen. Eine Stunde lang nun drohten Berichte, Interviews und Einschätzungen.
Nach einigen Erinnerungsszenen aus vergangenen Vergleichen beider Verbandsteams fuhr Moderator Beckmann gleich seine zwei Studiogäste auf die Stühle: Ronald Koeman und, weil gerade nicht in den Niederlanden und somit unterbeschäftigt, Lothar Matthäus. Was er mit denen und später, via Standleitung nach Bad Griesbach, Barcelona und Rotterdam, mit Franz Beckenbauer, Johan Cruyff und Hans-Hubert Vogts veranstaltete, war – obwohl es momentan hip ist, „ran“ doof zu finden – recht unterhaltsam, knapp und ohne Hansch-Dröhnung zudem.
Da war man sozusagen direkt am Ball, als es darum ging, wie Matthäus – ein Häuflein Elend – wohl wieder gegen Jürgen Klinsmann sticheln und wie Beckenbauer darauf eingehen würde, ob Rehhagel nun zum Sommer in München demissionieren wird oder auch nicht. Heraus kamen halbe Dementis, kleine Petzereien und insgesamt ein Stimmungsbild aus einem Fußballmilieu, das sich im Grunde immer noch für das weltbeste hält. Beckmann merkt man an, daß er inzwischen mit seiner „ran“- Mannschaft konkurrenzlos dasteht: Wer will da noch solche Reporterfiguren wie Delling, Rubenbauer oder Hartmann sehen, die doch eh bei jeder Frage ihre Pfötchen heben, wenn der fußballerische Mast, an den sie pinkeln sollten, mal wieder bedrohlich wackelt. Das hat Beckmann nicht nötig.
Souverän, wie er mit Hans- Hubert Vogts („Nein, ich sage die Aufstellung nicht“) umging und immer wieder nachhakte: Derlei kommt in den regulären „ran“-Sendungen leider nur allzuselten vor. „Ran van Vogts“ war zugleich eine Mahnung, den Fußball nicht wieder der ARD zu überlassen. Offenbar hat Marcel Reifs kürzlich via RTL geäußerte Kritik an den Sat.1-Kollegen, sie redeten den deutschen Fußball nur schön, gefruchtet. Nun müssen die öffentlich-rechtlichen Sender nachziehen. Spätestens bei der EM in 45 Tagen in England. Jan Feddersen
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