: Kampf um Arbeit
■ Konflikt statt Konsens: Kein Bündnis für Arbeit
Das große Verdienst der Zwickel- Initiative „Bündnis für Arbeit“ war es, die Reduzierung der Arbeitslosigkeit aus der Exklusivität einer staatlichen Beschäftigungsmaßnahme befreit und zu einer gesellschaftlichen Aufgabe deklariert zu haben. Regierung und Arbeitgeber waren wegen des großen öffentlichen Drucks gezwungen, sich dieser Initiative zu stellen, zumal die Gewerkschaften bereit waren, Lohnkosten als Produktivitätsfaktor anzuerkennen.
Damit war für die Arbeitgeber jedoch zugleich der Hebel gefunden, mit immer weitreichenderen Forderungen die Arbeitnehmervertreter in die Enge zu treiben. Ein nachhaltiges Interesse der Unternehmer an einer Umverteilung der Arbeitszeit war während der Bündnis-Gespräche nicht zu erkennen, das Interesse an der Reduzierung der Arbeitskosten war dafür um so größer. Daß damit nicht automatisch die Schaffung von Arbeitsplätzen verbunden ist, daß dazu vielmehr gezielte Fördermaßnahmen erforderlich sind, hätten die Gewerkschaften von Anfang an deutlich machen müssen.
So ließen sie sich peu à peu das Heft des Handelns aus der Hand nehmen. Sie vertrauten noch darauf, daß in der Vereinbarung vom Januar der Flächentarifvertrag als geeignetes Instrument zur Gestaltung der Arbeitswelt festgeschrieben wurde, als die Gegenseite bereits an einer neuen Tarifpolitik bastelte, um „den Machtbereich“ der Gewerkschaften einzudämmen.
Auch wenn das Arbeitgeberlager nicht einheitlich ist, auch wenn manche noch in der Aufkündigung der Flächentarifverträge ein Hemmnis des Produktionsflusses erkennen, wird die Bedeutung betrieblicher Vereinbarungen zunehmen und damit die Stärke der Gewerkschaften abnehmen. Mittlerweile zieht die Bundesregierung nach und will, wo möglich, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall kürzen. Auch für sie ist der soziale Friede, ist das Modell Deutschland nur ein Kostenfaktor, der, so lehrt anscheinend die Erfahrung der letzten Jahre, billig zu haben ist. Und ist nicht Gesamtmetall-Chef Werner Stumpfe bereit, zur Durchsetzung seiner Positionen „ein bißchen weniger sozialen Frieden“ in Kauf zu nehmen? Daß dieser Faktor auch einen Preis haben kann, der erheblich ist, diese Erkenntnis wird nun die Gewerkschaft vermitteln müssen. Dieter Rulff
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