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Schweriner SPD wieder auf Parteilinie

Im Koalitionsstreit mit der CDU knickt SPD auf Druck der Bundespartei ein  ■ Aus Schwerin Christoph Seils

Hans Kowalewsky hoffte bis zum Ende auf den Bruch der Großen Koalition. Als Harald Ringstorff und Angela Merkel in einer nächtlichen Pressekonferenz das Ergebnis der Krisengespräche zwischen CDU und SPD verkündeten, war seine Enttäuschung nicht zu übersehen. Entsetzt schüttelte das Mitglied des SPD-Landesvorstands den Kopf und drohte, „darüber wird noch zu reden sein“. Mit wem, das sagte Kowalewsky nicht, doch dürften die Gesprächspartner im SPD-Bundesvorstand zu suchen sein, wo der Bruch der Schweriner Koalition im letzten Augenblick verhindert wurde.

Drei Wochen hatte die SPD in Mecklenburg-Vorpommern den Koalitionsstreit kräftig angeheizt, vorgestern abend ist sie eingeknickt. Nach sechsstündigen Verhandlungen einigten sich die beiden Regierungsparteien darauf, die große Koalition in Schwerin bis 1998 fortzusetzen. Als Kompromiß präsentierten sie eine Postenrochade. SPD und CDU tauschen die Ministerien für Wirtschaft und Finanzen. Die umstrittene Finanzministerin Bärbel Kleedehn wechselt in das Ministerium für Bauen und Umwelt, ihre Nachfolgerin wird die SPD-Abgeordnete Sigrid Keler, die bislang dem Finanzausschuß des Landtages vorstand. Der SPD-Landesvorsitzende und bisherige Wirtschaftsminister Harald Ringstorff, der mit seinen Attacken gegen die eigenmächtige Werftenentscheidung von Bärbel Kleedehn die Koalitionskrise ausgelöst hatte, scheidet „auf eigenen Wunsch“ aus dem Kabinett aus. Ringstorff wird, wie schon in der letzten Legislaturperiode, wieder Fraktionsvorsitzender. Aus dem Landtag heraus will er nun den „für das Land notwendigen Wechsel“ vorbereiten. Bis dahin allerdings, so versicherten sich die beiden Koalitionspartner gegenseitig, werde man gleichberechtigt und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Die SPD schließlich erneuerte ihre schon mehrfach gegebene Zusicherung, sie werde im Landtag nicht mehr gemeinsam mit der PDS für andere Mehrheiten sorgen.

Franz Müntefering hatte ganze Arbeit geleistet. Am Mittwoch abend war er nach Schwerin geeilt, um vor allem dem Dickschädel Ringstorff klarzumachen, daß er sich verrannt hat. Die SPD, so teilte der Bundesgeschäftsführer seinen Schweriner Parteifreunden unmißverständlich mit, sei noch nicht soweit.

Rau drohte mit Rücktritt von allen Parteiämtern

Eine freundliche Umschreibung für den Riß, der bei der Frage einer Zusammenarbeit mit der PDS quer durch die SPD geht. Oskar Lafontaine habe sein Verständnis für den Kurs der Schweriner SPD signalisiert, so war zu hören, aber in der Sitzung des SPD-Präsidiums hatte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Johannes Rau am Dienstag in Bonn mit Rücktritt von allen Parteiämtern für den Fall gedroht, das die SPD in Schwerin eine Zusammenarbeit mit der PDS eingehe. Ringstorff allerdings gibt nicht auf. 1998 will er innerparteilich den Rücken frei haben für eine Koalition mit der PDS und bis dahin in seiner Partei die notwendige Überzeugungsarbeit leisten. „Im Osten“, so betonte Ringstorff mit Blick auf die linke Konkurrenz, „ticken die Uhren anders.“ Der bisherige Fraktionsvorsitzende Gottfried Timm, der als Bauernopfer der Koalitionskrise seinen Posten räumen mußte, soll die westdeutschen Genossen im SPD-Bundesvorstand in den kommenden zwei Jahren umstimmen.

„Gut“ gehe es ihm, erklärte Harald Ringstorff gestern, nachdem er sein Scheitern überschlafen hatte. Redselig wie seit Tagen nicht mehr bemühte er sich, die in seinen Augen „knappe Niederlage“ schönzureden. Seine Person sei nicht beschädigt. Der Landesvorsitzende verwies auf Wolfgang Schäuble, der durch den Wechsel vom Innenministerium auf den Fraktionsvorsitz in Bonn an politischer Macht gewonnen habe. Um Ringstorffs Einfluß auf die Landesregierung zu sichern, haben sich die Schweriner Koalitionspartner darauf verständigt, daß zukünftig die Fraktionsvorsitzenden an den Kabinettssitzungen teilnehmen werden. Mit betretenen Minen trafen sich Landesvorstand und Landtagsfraktion Freitag früh zu einer gemeinsamen Sitzung. Vielen SPD-Landespolitikern waren Wut und Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, aber sie verzichteten auf eine Abrechnung mit ihrem Landesvorsitzenden und segneten den Kompromiß ab. Es habe eine offene Aussprache gegeben, aber, so berichtete Kowalewsky anschließend, aber „wir hatten keine andere Wahl“. Strahlend verkündete die Bundesumweltministerin und CDU-Landesvorsitzende Angela Merkel das Ende der Koalitionskrise. Bärbel Kleedehn versuchte sie den neuen Posten als „Traumjob“ schmackhaft zu machen. In der Nacht hatte die CDU allerdings mehr als zwei Stunden benötigt, um ihr dies glaubhaft nahezulegen.

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