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Entsorgung des Abfalls

■ Der Bundestag debattierte über Sparmaßnahmen

Es gehört zu den Begleiterscheinungen eines Normal(arbeits)lebens, daß mensch, um zu arbeiten, was lernen muß, für den Nachwuchs zu sorgen hat, an den Folgen der Arbeit krank werden kann und irgendwann zu alt wird, um sich von seiner Arbeit zu ernähren. Ins derzeitige System der Arbeit eingebaut ist außerdem die verschärft realistische Möglichkeit, als überflüssige Masse in einer durch reinliche Scheidung von Lohn- und Nichtlohnarbeit geprägten Gesellschaft überleben zu müssen.

Bislang galt, daß die vom Arbeitsleben Ausgeschlossenen – die Jungen und die Alten, die Kranken und die mit Erziehung Beschäftigten – irgendwie integriert werden müssen, sei es durch Versicherungssysteme oder direkte staatliche Unterstützungsleistungen. Jetzt allerdings, so kommentiert der Kanzler seine soziale Entsorgungsoperation, müssen „die Menschen sich umstellen“ und „beschränken“ aufs Wesentliche, den Blick abwenden vom Luxus, den sich die Arbeitsgesellschaft bislang leistete: die Finanzierung von Krankheit, Arbeitslosigkeit, Ausbildung, Alter. Die geplanten drastischen Kürzungen von Lohnersatzleistungen und die Eingriffe ins Arbeitsrecht treffen nicht nur ökonomisch die weniger Wohlhabenden, sondern sie signalisieren auch symbolisch das Credo einer Abfallgesellschaft, die sich fürs Kollektiv nicht mehr zuständig fühlt: Fort mit „störungsanfälligen“ ArbeitnehmerInnen; verschont uns mit kostenverursachenden Kindern und deren Müttern; bleibt uns möglichst lange mit RentnerInnen vom Hals. „Luxus“, tönt es aus den Industrie- und Handelszentralen, „Anspruchsdenken“, echot ein Kanzler, der „die Zukunft unseres Landes zu sichern“ vorgibt. Eine Zukunft im möglichst menschenstörungsfreien Maschinenlauf der Wirtschaft.

So unähnlich sind die Visionen des Kanzlers und seines sozialdemokratischen Herausforderers keineswegs. „Unehrlichkeit“ wirft Lafontaine dem Kanzler deshalb auch nur im Hinblick auf den Zeitpunkt der Sparaktion nach den Landtagswahlen vor. So viel Ehrlichkeit in der Politik gab's noch nie: Ob sie nun früher oder später über ihren selbstproduzierten „Abfall“ stolpert, sie bemüht sich immerhin „ehrlich“ um seine Entsorgung. Und die Gewerkschaften sorgen sich mit und entsorgen sich dabei gleich selbst. Ulrike Baureithel

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