Im Kosmos der Kammerjäger
Am Wochenende endete eine internationale Fachmesse für Schädlingsbekämpfer: Die chemische Keule ist längst out. „Biologische“ Fallen bringen der Hausfliege neuerdings den sanften Tod ■ Aus Dortmund Thomas Meiser
„Schädlinge peinigen die Menschheit seit Jahrhunderten mit schweren Krankheiten“, weiß der „Deutsche Schädlingsbekämpfer- Verband“ (DSV). Ein Grund für die internationale Riege der Kammerjäger, in der vergangenen Woche nach Dortmund zu kommen. Denn bis zum Samstag traf sich dort vier Tage lang alles, was Rang und Namen hat zum „2. Internationalen Kongreß und der Fachmesse des Deutschen Schädlingsbekämpfungsverbands“. Und auch die Kundschaft war da: Hygieneschädlinge, Lästlinge oder Vorratsschädlinge – auf großen Tafeln wurden sie ins Bild gesetzt, vieltausendfach beschworen Prospekte ihre Eigenarten: „Schon ein einzelnes zirpendes Heimchen kann zu einer erheblichen Ruhestörung führen und damit das menschliche Wohlbefinden beträchtlich beeinträchtigen“, befürchtet etwa der „Geschäftsbereich Tiergesundheit“ des Pharmakonzerns Bayer.
Nach einem Messerundgang ist auch der unbeteiligte Besucher gut informiert: Selbst die gemeine Hausfliege belästige Menschen und Haustiere in unerträglicher Weise, heißt es auf Plakaten. Die Mücke überträgt Gelbfieber, Flohbisse führen zu Quaddeln und Papeln. Tagelang hält der Juckreiz an. „Unsere Gesellschaft wird immer intensiver von Schädlingen belastet“, meint auch der Agraringenieur Hans-Günter Thelen.
Ein paar Meter weiter klärt eine Schweizer Firma Ratsuchende über hausfrauliche Ungeziefermythen auf. Es sei Aberglaube, daß Silberfische sich an Zucker totfressen. Damit würden die Tiere höchstens angelockt. Daß man Hausstaubmilben mit Staubsauger und Teppichshampoo beseitigen könne, sei ein weiteres Ammenmärchen. „Da hilft nur die chemische Keule,“ propagieren die Schweizer.
Doch unter den meisten Schädlingsbekämpfern hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, daß es auch ohne Chemie gehen kann. Jenseits vom Gifteinsatz wird in Dortmund die klassische Jagd nach Trappermanier angepriesen. Fallen sind in: Etwa die Mottenfalle, die ein paarungsbereites Mottenweibchen simuliert. „Die sofort anfliegenden Männchen gehen auf den Leim“, preist der Anbieter seine Errungenschaft. „Bei starkem Mäusebefall ist die Schlagfalle von Nutzen“, erläutert auch Thomas Voigt, Geschäftsführer des DSV, „in zwei Nächten kann man den Bestand um die Hälfte reduzieren.“
Ratten fallen auf diesen Genickbruchmechanismus jedoch nicht mehr herein. Außerdem „macht die Ratte schon mit drei Monaten Sex und drei Wochen später sind Junge da“, weiß man bei einer Firma. Um dieses Lotterleben zu beenden, bietet die Vertilgergilde Fraßköder mit integriertem Blutgerinnungsbeschleuniger an. Langsam krepiert dann die Ratte durch inneres Verbluten.
Neben dieser elaborierten Technik ist auch der „sanfte“ Tod bei den Kammerjägern zu haben: Etwa die biologische Fliegenfalle für den Hausgebrauch. Sie funktioniert nach dem Reusenprinzip, von einem Duftstoff-Beutel angelockt, verfangen sich die Fliegen ausweglos. „Das Ding fängt bis zu hundert Fliegen pro Minute, und das vier Wochen lang“, weiß der Geschäftsführer, „danach die vier Liter Fliegenmatsche einfach auf den Kompost werfen“.