■ Intelligente High-Tech-Minen völkerrechtlich legitimiert: Das mörderische Minenprotokoll
Mit ihrer Einigung auf ein neues Minenprotokoll der „UNO-Konvention über besonders inhumane Waffen“ haben die 53 Vertragsstaaten dieser Konvention Produktion, Einsatz und Export dieses heimtückischste aller Mordinstrumente bis weit ins nächste Jahrtausend hinein völkerrechtlich legitimiert. Alle beteiligten Regierungen waren nach Kräften und schließlich mit Erfolg bestrebt, die von ihnen jeweils noch für unverzichtbar gehaltenen Minentypen sowie künftige Entwicklungen vor dem Abkommen zu schützen. Ein Dschungel höchst komplizierter Vertragsvorschriften, die alle auf der behaupteten, aber nicht bewiesenen Verläßlichkeit „intelligenter“ High- Tech-Minen basieren, soll mehr Schutz und Sicherheit für die Menschen vorgaukeln. Mit der Schaffung des Vertragsschlupflochs für High-Tech-Minen und -Munitionen, die sowohl Fahrzeuge wie Personen bedrohen, hat sich die deutsche Bundesregierung im Verein mit einigen anderen Regierungen des Nordens dabei ganz besondere humanitäre Verdienste erworben.
Verlogen ist die gängige Behauptung aus Bonn und anderen westlichen Hauptstädten, ein Totalverbot aller Landminen, zumindest aber von Antipersonenminen sei wegen des Widerstands Rußlands, Chinas und anderer Staaten nie ein realistisches Ziel für diese Verhandlungen gewesen. Wären die Nato-Staaten und andere nördliche Industriestaaten zu Beginn der Überprüfungskonferenz im Jahre 1994 geschlossen mit einer derartigen Position angetreten, wären Moskau und Peking unter massiven internationalen Druck geraten. Das hätte auf jeden Fall zu einem besseren Verhandlungsergebnis geführt.
Besser als die jetzt vorliegende „Einigung auf kleinstem gemeinsamen Nenner“ (Konferenzpräsident Molander) wäre wahrscheinlich ein Scheitern auch dieser Genfer Verhandlungsrunde gewesen. Das hätte möglicherweise in vielen Staaten noch mehr Druck auf Regierungen hervorgerufen und zu veränderten Positionen geführt – so wie in den Monaten nach der geplatzten Wiener Konferenz im Herbst letzten Jahres. Jetzt droht die Gefahr, daß das öffentliche Interesse erst einmal wieder einschläft. Bleibt zu hoffen, daß das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und die anderen humanitären Organisationen in ihrer Kampagne für ein Totalverbot von Einsatz, Produktion und Export aller Minenarten nicht nachlassen. Sonst werden bis zur nächsten Überprüfungskonferenz im Jahre 2001 tatsächlich weitere 150.000 Menschen durch Minen getötet oder verstümmelt. Andreas Zumach, Genf
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