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Polizeieinsatz hat ein Nachspiel im Parlament

■ Bündnisgrüne wollen Innensenator im Innenausschuß zum 1.-Mai-Einsatz befragen. CDU lobt Sicherheitspartnerschaft

Der Einsatz der Polizei nach dem Walpurgisfest am Kollwitzplatz und am darauffolgenden 1. Mai wird ein parlamentarisches Nachspiel haben. Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) werde sich am Montag im Innenausschuß des Abgeordnetenhauses „etliche Fragen gefallen lassen müssen“, erklärte gestern der bündnisgrüne Fraktionschef Wolfgang Wieland.

Wie berichtet, hatte ein zunächst friedliches Fest rund um den Kollwitzplatz in der Nacht zum 1. Mai in einer Randale geendet. Dabei ging die Polizei nach Berichten von Augenzeugen auch gegen Unbeteiligte vor. Die Bündnisgrünen wollen nun wissen, warum die zwischen den Veranstaltern und der Polizei zuvor vereinbarte „Sicherheitspartnerschaft“ nicht durchgehalten wurde. Nach dem Ausbruch von „Gewalttätigkeiten an lokal begrenzter Stelle“ sei diese durch den Abzug der Zivilbeamten „einseitig“ aufgekündigt worden, so Wieland.

Auch am 1. Mai habe die Polizei trotz des erkennbaren „Willens zur Deeskalation“ Fehler gemacht. Wieland hielt der Polizei vor, durch die Einkesselung eines aus Kreuzberg kommenden Demonstrationszuges auf der Schönhauser Allee die bis dahin friedliche Stimmung angeheizt zu haben. Aber auch die „ungezügelte Gewaltbereitschaft eines Teils von Jugendlichen“ sei durch nichts zu rechtfertigen. Wenig später habe er auf dem Kollwitzplatz beobachtet, daß zwei Polizeifahrzeuge „massiv mit Steinen und Holzbohlen“ attackiert worden seien: „Es ist ein Wunder, daß die Beamten die Nerven behalten haben und nicht in die Menge gerast sind.“

Der gestrige Tag stand auch bei den anderen Parteien ganz im Zeichen der Nachschau. Während PDS-Fraktionssprecher Harald Wolf Innensenator Schönbohm vorwarf, die Stimmung zuvor „gezielt angeheizt“ zu haben, war die CDU voll des Lobes. Die Sicherheitspartnerschaft während der Walpurgisnacht habe sich „bewährt“, meinte deren parlamentarischer Geschäftsführer Dieter Hapel. „Besonders betroffen“ zeigte er sich über die „große Anzahl“ Jugendlicher, denen es „nicht um politischen Protest“, sondern um „Lust an der Randale“ gegangen sei. Für Hapel ein Zeichen für den „Werteverfall“ und „fehlenden Respekt vor fremdem Eigentum“. Innensenator Schönbohm lobte gestern seine Polizei und sich selbst. Die Maßnahmen seien „differenziert“ gewesen, die „offensichtlich unvermeidbaren“ Gewalttätigkeiten durch „entschlossenes“ Handeln schnell beendet worden.

Insgesamt wurden am 1. Mai 201 Demonstranten festgenommen, davon 96 wegen Landfriedensbruchs, Sachbeschädigung oder Widerstands. 105 Festnahmen erfolgten aus Gründen der Gefahrenabwehr. 48 Beamte wurden verletzt. Severin Weiland

Siehe auch Seite 4

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