: Bonner fördern Ost-Arbeitslosigkeit
■ Arbeitssenatorin und DGB warnen vor Bonner Sparpolitik. Langfristig 30.000 zusätzliche Arbeitslose im Ostteil befürchtet
Die Pläne der Bundesregierung, die Leistungen für den zweiten Arbeitsmarkt in Ostdeutschland auf das Westniveau abzusenken, wird zu einem weiteren Anstieg der Arbeitslosenzahlen in Ostberlin führen. Langfristig fielen rund 30.000 Menschen im Ostteil der Stadt aus ABM und anderen Fördermaßnahmen, warnte gestern Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD). Ende März waren in Ostberlin 88.613 Menschen (13,5 Prozent), im Westteil 149.182 (14 Prozent) ohne Beschäftigung. Doch die offizielle Statistik trügt: Allein in Ostberlin waren im vergangenen Jahr 73.000 Menschen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM), beruflicher Fortbildung oder erhielten Alterübergangsgeld, dagegen nur 26.000 im anderen Teil der Stadt.
Anlaß für den öffentlichkeitswirksamen Auftritt der SPD-Politikerin war ein Treffen am Donnerstag abend mit ihren Kollegen aus den neuen Bundesländern sowie DGB-Vertretern in Berlin. Dabei waren Schritte gegen den seit April vorliegenden Gesetzentwurf für eine Reform der Arbeitsförderung beraten worden.
Der Senat hatte bereits in dieser Woche verkündet, er werde im Bundesrat dem Sparpaket der Bundesregierung nicht zustimmen.
Der Bund hat angekündigt, seine Zahlungen an die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg im nächsten Jahr um 1,7 Milliarden Mark zu kürzen. Um die Jahrtausendwende sollen es dann 8,3 Milliarden Mark weniger sein. Derartige Kürzungen könnten die neuen Länder in solch kurzer Zeit nicht verkraften, meinten gestern einhellig Bergmann und die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer.
Nach Schätzungen der Gewerkschafterin werden durch das Sparpaket und die Gesetzesänderung des Bundes weitere 200.000 Menschen in den neuen Ländern arbeitslos werden. Die Pläne der Bundesregierung, auch die Arbeitslosenhilfe um drei Prozent zu senken, führten zwar zu einer Entlastung des Bundeshaushalts. In der Folge sei jedoch mit einem Anstieg der Sozialhilfekosten zu rechnen, was wiederum die Haushalte der Länder und Kommunen treffe.
Bergmann mahnte gestern eine „mehrjährige“ Verlängerung der ABM-Sonderkonditionen an. Das Programm, mit dem zusätzliche ABM-Personalkosten finanziert werden können und das auch für Regionen im Westen mit überdurchschnittlich hoher Arbeitslosenquote gilt, soll nach dem Willen der Bundesregierung Ende 1997 auslaufen. Severin Weiland
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