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Glauben – Wissen – Wiederglauben Von Mathias Bröckers

„Es ist ein großer Unterschied zwischen etwas noch glauben und etwas wieder glauben. Noch glauben, daß der Mond auf die Pflanzen wirkt, verrät Dummheit und Aberglaube, aber es wieder zu glauben, zeugt von Philosophie und Nachdenken.“ Daß vier Zeilen Lichtenberg mehr Hirntreibstoff liefern als die meisten 400-Seiten-Bücher – die grandiose Gesamtausgabe wird gerade für 99 Mark verschenkt – dies zeigt nicht nur diese Notiz aus seinem „Sudelbuch“.

Obwohl strenger Naturwissenschaftler und Physiker, hat Lichtenberg die Wissenschaft nie als Zitadelle der Wahrheit verteidigt, sondern sich immer die Offenheit bewahrt, „wieder“ zu glauben. Daß 200 Jahre nach ihm trotz vielfältiger Hinweise auf die Mondwirkung auf Pflanzen die Universitäten immer noch glauben, daß es sich dabei um puren Aberglauben handelt, hätte Lichtenberg zu beißendem Spott über die Borniertheit des Schulwissens herausgefordert. Das Beispiel des lunaren „Magnetismus“ ist nur eines aus vielen Bereichen, in denen das heutige Schulwissen über den Schritt nach dem „Noch“-Glauben nicht hinausgekommen ist.

Das geheime Leben der Pflanzen – die Tatsache, daß nicht nur der Mond auf sie wirkt, sondern auch Zuspruch und Liebe des Menschen – kennen fast alle GärtnerInnen; jedoch nicht aus akademischen Büchern, sondern aus praktischer Erfahrung. Sie haben „wieder“ glauben gelernt und den offiziell verkündeten Aberglauben, daß das Pflanzenwachstum schlicht mit H2O, N und ein paar anderen Buchstaben auf der einen und dem genetischen Code auf der anderen Seite zu erklären ist, überwunden. Dieses „Wieder“-Glauben hat mehr mit Wissen zu tun als mit Glauben – wer mit Pflanzen oder Tieren spricht, weiß einfach, daß es funktioniert. So wie der Arzt, der eine homöopathische Medizin verschreibt, weiß, daß in ihr nicht nur Wasser und ein Placebo-Effekt wirken, wie die Schulmedizin behauptet. Auch der Bauer, der Plocher-Pulver (energitisierten Quarzsand) in seine Güllegrube kippt, muß nicht an die Wirkung glauben, er riecht sie einfach (nämlich nicht mehr, weil der ätzende Jauchegeruch verschwunden ist) – da kann die Wissenschaft hundertmal verkünden, daß es sich um Betrug handelt. So wie sie es beim „belebten“ Wasser tut: daß „totes“ Leitungswasser in einem einfachen Verwirbelungsverfahren mit seinen ursprünglichen Schwingungen aufgeladen werden kann, erklärt sie für Mumpitz – und muß die wundersame Wirkung, die solches Wasser tut, wegerklären oder ignorieren. Das „Wiederglauben“, von dem Lichtenberg spricht, ist so etwas wie die zweite Überwindung des Aberglaubens. Sie ist notwendig, weil bei der ersten das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wurde. Die Götter und Geister eines allbeseelten, magisch zusammenhängenden Universums verschwanden zwar, aber nur zugunsten eines neuen Götzen: dem Glauben an die Vollständigkeit und ewige Gültigkeit der erkannten Naturgesetze. Der Hochmut, mit diesem Instrumentarium alles erklären zu können, ist heute noch verbreiteter als zu Lichtenbergs Zeiten und dessen Einwand wichtiger denn je: „Schwätzt doch nicht. Was wollt ihr denn? Wenn nicht eimmal die Fixsterne fix sind, wie könnt ihr denn sagen, daß alles Wahre wahr ist?“

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