: Unterm Strich
Einerseits wäre die Länderfusion von Berlin und Brandenburg für die Kulturpolitik „gehupft wie gesprungen“ gewesen, sagte jedenfalls der für Kultur zuständige Politiker aus Brandenburg Steffen Reiche (SPD). Andererseits wird die Ablehnung der Fusion die Brandenburger Kulturlandschaft härter treffen als Berlin. Doch falsch gehupft, oder wie? Die deutsche Hauptstadt kann für ihre herausragenden Kulturinstitutionen zunächst noch mit bescheidenen Bundeszuschüssen rechnen. Die dürften nach dem Umzug von Regierung und Parlament von Bonn nach Berlin vermutlich steigen. Trotz der gemeinsamen Filmförderung ist die direkt vor den Toren Berlins gelegene „Filmstadt Babelsberg“ ein klassisches Beispiel für die Eitelkeiten eines Landes. So wird in Babelsberg mißtrauisch ein entsprechendes Studiogelände im Berliner Stadtbereich verfolgt. Das macht angesichts übermächtiger Konkurrenz in Bayern und Nordrhein-Westfalen keinen Sinn und verlangt geradezu nach einem gemeinsamen Landeshaushalt.
Die Akademie der Künste Berlin-Brandenburg ist, wie der Name sagt, schon vereinigt. Doch das löst die entscheidenden Probleme auch nicht. Jetzt trat der ostdeutsche Schriftsteller Fritz Rudolf Fries („Der Weg nach Oobliadooh“, „Alexanders neue Welten“) wegen der Stasivorwürfe gegen ihn aus der Akademie aus. Akademiepräsident Walter Jens hatte Fries nach Veröffentlichungen über seine Spitzeltätigkeit einen Brief geschrieben. Darin hatte er Fries aufgefordert, Stellung zu nehmen und sich gegen unwahre Vorwürfe vor einem von der Akademie einberufenen Ehrenrat zu rechtfertigen. Fries will das nicht, weil er argwöhnt, daß er „zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein von Emotionen freies Gespräch mit den Mitgliedern des Ehrenrates“ nicht erwarten könne. Sollten die Vorwürfe jedoch stimmen, hatte Jens dem Autor einen Austritt aus der Akademie nahegelegt. Insofern ließe sich Fries' Austritt eindeutig interpretieren. Laut Focus soll Fries seit 1972 der Stasi als IM „mit Feindberührung“ gedient haben. Dies gehe aus Akten der Gauck-Behörde hervor. In einem Umfang, der alle bisherigen Beispiele übertreffe, soll der 60jährige über Freunde und Kollegen, darunter Wolf Biermann, Sarah Kirsch, Jurek Becker, Klaus Schlesinger, Christa Wolf und Günter Kunert, berichtet haben.
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