: Eltern haften nicht für Kinder
■ Geldautomaten-Karten werden schon an 14jährige vergeben / Macht ein Minderjähriger Schulden, haben die Banken ein Problem Von Kaija Kutter
Verschuldung von Jugendlichen: Den Hamburger Senat pressiert dieses Thema offenbar nicht so sehr. Nein, es lägen „keine Erkenntnisse“ vor, da sie weder von „behördlicher Seite noch von der Privatwirtschaft erhoben“ würden, heißt es dieser Tage in der Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Rolf Harlinghausen.
Aufgeschreckt durch Berichte aus Baden-Württemberg, wonach 26 Prozent der dortigen jugendlichen Kontoinhaber bei ihrer Bank verschuldet sind, wollte der CDU-Politiker wissen, wie viele Minderjährige in Hamburg über einen Dispo-Kredit, eine Euroscheck-Karte oder ähnliches verfügen. Und ob es zuträfe, daß bereits Kinder im zarten Alter von zehn bis zwölf Jahren Inhaber von Girokonten sind. „Ich habe Sorge, daß Banken Bindungen aufbauen, die auf ein ,Einfangen' zielen und dazu führen, daß Jugendliche ganz früh in den Kreislauf einer Verschuldung hineingeraten“, begründet Harlinghausen seine Motivation.
„Der Senat hätte mal bei uns nachfragen sollen“, sagt Gabriele Schmitz von der Kreditberatung der Hamburger Verbraucherzentrale. Dort seien Anrufe von Eltern, die von Banken unter Druck gesetzt werden, die Schulden ihrer Kinder zu begleichen, nicht selten. Schmitz: „Denen ist das dann hochpeinlich und sie bezahlen sofort“. Dabei seien Eltern dazu rechtlich nicht verpflichtet.
Denn Banken dürfen Kredite an Minderjährige – dazu zählen auch Kontoüberziehungen – nur mit Einwilligung der Vormundschaftsgerichte gewähren. Fehlt diese, müssen Zinsen nicht gezahlt werden. Auch die Rückerstattung der Beträge fällt flach, wenn das Geld für „sinnlose Konsumausgaben“ oder in der Disco auf den Kopf gehauen wurde. Anders ist es jedoch, wenn Wertgegenstände – eine HiFi-Anlage zum Beispiel – erworben wurden, die zurückgegeben werden können. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen empfiehlt Eltern, auf dem Vergleichsweg anzubieten, nur die Hälfte zu zahlen.
Bei Hamburgs Banken und Sparkassen herrscht zu diesem Thema ein hochkritisches Bewußtsein: „Kredite an Minderjährige sind bei uns nicht zu haben“, sagt beispielsweise Haspa-Sprecher Andreas Stüben. Ein „ganz anderes paar Schuhe“ sei die Vergabe von Euroscheck-Karten. Bei Zustimmung der Eltern bekommen 16jährige „ganz normale Standard-EC-Karten“ in die Hand – jene Karte, mit der man neuerdings auch in Geschäften einkaufen kann. „Wenn damit mißbräuchlich hantiert wird“, so Stüben, würde die Karte sofort zurückgefordert.
Ähnlich die Auskunft der Commerzbank, die bereits 14jährigen zum gebührenfreien „Jugendstartkonto“ auch eine „Servicekarte“ überläßt. Damit können Kids zwar nicht shoppen gehen, wohl aber bis zu 100 Mark pro Tag abheben. Wenn ein jugendlicher Kunde überzieht, so beteuert die zuständige Abteilungsleiterin Ellen Ehrich, würde er sofort zum „erzieherischen Gespräch“ gebeten. Beim zweiten Mal müsse man über die Wegnahme reden, aber das, so Ehrich, „kommt ganz selten vor“.
Die Volksbank Hamburg hat Minderjährigen bisher eine Karte verwehrt. Im Test ist derzeit eine spezielle „Bankcard“, die bei Überziehungen am Automaten mit einer Sperre reagiert.
Die Verbraucherzentrale hört das mit Interesse. „Es ist ja nichts gegen Girokonten und Geldkarten einzuwenden“, sagt Gabriele Schmitz, „wenn sie wirklich nur auf Guthabenbasis funktionieren“. Erstaunlich sei nur, daß Sozialhilfeempfängern Girokonten auf Guthabenbasis eben mit der Begründung verweigert würden, daß die Geldentnahme am Automaten nicht zu kontrollieren sei.
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