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Kein positives Stadterlebnis

■ Trassenplanung gestern vorgestellt: Der Transrapid soll mit Segen des Senats vom Hauptbahnhof über Moorfleet gen Berlin schweben Von Heike Haarhoff

Das Einschweben des Transrapids in die Hansestadt verwehrt Reisenden das erhoffte „positive Stadteinfahrterlebnis“: Auf langweiliger „S-Bahn-Schienenhöhe“, also ebenerdig, soll die von Berlin kommende Stelzenbahn das Hamburger Stadtstaatsgebiet passieren. Gestern legte die Magnetschnellbahn-Planungsgesellschaft (MPG) die offizielle „Präferenztrasse“ für den umstrittenen Schwebezug zwischen Hamburg und Berlin vor, kaum daß der Bundestag einen Tag zuvor dessen Bedarf gesetzlich festgestellt hatte. Alle bösen Vorahnungen zur Trassenführung gingen in Erfüllung (siehe Bericht Seite 6).

Abfahrts- und Zielpunkt ist erwartungsgemäß der Hamburger Hauptbahnhof. Seinen Traum, mit dem Zug durch die Wand des Hühnerpostens zu brettern, kann sich MPG-Geschäftsführer Horst Fechner bald erfüllen: Sobald die Post ihren Standort aufgegeben hätte, werde „da, wo jetzt schon die Lkws durchfahren, künftig der Transrapid rollen“. Der „direkte Zugang zu den Bahngleisen“ am Hauptbahnhof sei so gewährleistet, schwärmt Fechner. Die Trasse überquert von dort die Amsinckstraße, erstreckt sich dann entlang des Högerdamms und passiert parallel zu den Bundesbahngleisen Rothenburgsort. „Näher als 30 Meter“, verspricht die MPG, werde der Transrapid nicht an die Wohnbebauung heranreichen. Die Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h im innerstädtischen Gebiet garantiere „akustische Zurückhaltung“; Lärmschutzwälle sind nicht vorgesehen.

Zum moderaten Mißfallen von Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (SPD) und der totalen Transrapid-Verweigerer wird es einen zusätzlichen Haltepunkt auf Hamburger Gebiet geben: In Moorfleet zwischen Autobahn und S-Bahn-Station mit 700 Parkplätzen. Bürgerinitiativen und Parteien in Bergedorf gruselt es vor der Verkehrslawine: Abgesehen von einer „200 bis 300 Meter langen Zubringerstraße“ will die MPG keine weiteren Verkehrswege finanzieren. Die Andreas-Meyer-Straße, über die sich die Autos quälen sollen, ist schon heute verstopft. Die letzten Naturräume im Hamburger Osten – Boberger und Moorfleeter Niederung sowie die Glinder Au – würden zerstört, schimpft der BUND.

Profitieren wird von dem zweiten Hamburger Stopp lediglich Schleswig-Holstein: Kiel als vehemente Gegnerin des Stelzenzugs kann gegenüber der Bevölkerung prahlen, eine Station samt Zubringerverkehr im eigenen Land „verhindert“ zu haben. An den Transrapid angebunden sind die Nordländer via Moorfleet dennoch.

Die jetzt vorgelegte Trasse ist die Grundlage für das Raumordnungsverfahren, das im Juli eingeleitet wird. Alle fünf Bundesländer, die der Transrapid durchqueren soll, dürfen sodann und bis Jahresende in „landesplanerischen Stellungnahmen“ milden Unmut an der Streckenführung kundtun. Ungeachtet dessen wird der Bundesrat dem Milliarden-Projekt wohl bereits Anfang Juni mehrheitlich grünes Licht geben. Der in den Transrapid vernarrte Hamburger Senat jedenfalls dürfte den Vernunft-Aufruf des SPD-Parteirats, gegen die Bahn zu stimmen, konterkarieren. Dem begründeten Protest von SPD-Landeschef Jörg Kuhbier hören die Sozis längst nicht mehr zu.

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