: Puppenmassaker und Faninnen
■ Metropolis: HfbK-Film-Studenten zeigen ihre Arbeiten
Anders als beim Filmstudiengang unter der Leitung von Hark Bohm geht es bei der Film-Produktion an der HfbK weniger um filmische Erzählungen. Stattdessen erliegen diese Studenten manchmal allzu sehr dem stummen Rauschen ihre Bilder. Doch bei der Auswahl von neun Kurzfilmen, die heute der Öffentlichkeit zugeführt werden, gibt es zwei bemerkenswerte Ausnahmen.
Mathis Menneking umging für Mondo Casa mit einem geschickten Schachzug die mäßigen Produktionsbedingungen samt Schauspielerstamm aus dem Freundeskreis. Er schloß ein Stroboskop an und stellte dies vor sein selbstgebasteltes Puppen-Haus. So enstand ein grausames Puppenspiel, das in kontrastreichem Schwarz-Weiß eindringliche Bilder von Krieg und Verwesung vorlegt. Gemarterte Körper erscheinen nur für Sekunden zwischen den Rauchschwaden. Pulverdampf treibt über die Kriegshandlung, die vor dem Haus tobt, und Fische taumeln orientierungslos durch die Lüfte. Doch am Ende legt ein fröhliches Plappern aus dem Off nahe, daß sich dieser horror vacui nur im Kopf eines Träumers abgespielt haben könnte.
Der Dokumentar-Film Der zwölfte Mann ist eine Frau von Inger Grobbel und René Schöttler hält sich hingegen ganz an die überprüfbare Wirklichkeit. In knapp dreißig Minuten wird den zahlreichen weiblichen Fans am Millerntor ein intimes Denkmal gesetzt. Mit geschicktem Timing und Anfangssequenzen die Neugierde weckend, gehen die beiden Regisseure der Frage nach, was Frauen in die Gegengerade führt. Unterschiedliche Antworten werden da von den weiblichen Fans geboten.
Ob es die Hemmungslosigkeit für lange 90 Minuten oder die Nähe zu den Fußballspielern ist, ob das bewußte politische Umfeld oder die selbstgestrickten Socken in den Vereinsfarben – um Antworten sind die Interviewten aus drei Generationen nicht verlegen. Ganz nebenbei entsteht so ein empfindsamer Einblick in weibliche Lebensbedingungen in St. Pauli mit emotionsgeladenen Impressionen aus der Gegengerade.
Volker Marquardt
Heute, 21.15, 23 Uhr, Metropolis
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen