„Älterwerden bringt 5 Töne im Baßbereich“

■ Der 69jährige Charmeur Tony Bennett sang einst für Muttern im eigenen Gemüseladen

Wie oft er „I Left My Heart In San Francisco“ mittlerweile gesungen hat, weiß er nicht. Es dürften diverse tausend Mal gewesen sein, die Tony Bennett seinen Erkennungssong zum besten gegeben hat, seit der Song 1962 ein halbes Jahr in den Charts verbrachte. Dennoch hat er die Lust an ihm nicht verloren. „Verliert man die Lust am Sex?“ fragt er zurück und lacht.

Bennett hat gut lachen, denn es geht ihm in jeder Hinsicht gut. In seiner Karriere gab es alle denkbaren Höhen und Tiefen, aber seit Mitte der 80er sein Sohn Danny das Management übernommen hat, läuft es prächtig. 1992 und 1993 gewann er einen Grammy, sein 94er MTV Unplugged-Album – mit Gastauftritten von J. Mascis, Elvis Costello und k.d. lang – brachte ihn in die Charts zurück. Und geheiratet hat der kleinwüchsige Charmeur kürzlich auch wieder.

Die Stimme des 69jährigen ist so makellos wie eh und je. „Sie ist sogar noch besser geworden“, erzählt Bennett. „Das Älterwerden hat mir im Baßbereich fünf Töne mehr geschenkt. Ohne daß ich oben was verloren hätte.“ Viel von seiner Sangeskunst führt er auf seine italienischen Vorfahren zurück. „Die besten Sänger waren immer Italiener“, sagt der gebürtige New Yorker. „Wir waren sehr arm, mein Vater hatte einen kleinen Gemüseladen in Queens, und um unsere Mutter aufzumuntern, sangen wir Kinder den ganzen Tag.“

Sein Geburtsname ist natürlich nicht Tony Bennett, sondern Anthony Benedetto. „Anfang der 50er arbeitete ich tagsüber als Fahrstuhlführer und nachts als singender Kellner unter dem Namen Joe Bari. Mein Durchbruch kam, als mich Bob Hope sah und mir ein Engagement in einer seiner Shows gab. Kurz bevor ich dran war, sagte er mir, er fände meinen Bühnennamen nicht gut. Er fragte mich nach meinem richtigen Namen, der gefiel ihm aber auch nicht besser. Also ging er auf die Bühne und sagte: ,Meine Damen und Herren, hier kommt ein Nachwuchssänger – freuen Sie sich auf Tony Bennett!' Er mußte mich zweimal ansagen, denn ich hatte keine Ahnung, daß ich gemeint war.“

Detlef Diederichsen

Mi, 22. Mai, 20 Uhr, Musikhalle