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Revolutionär in Butter

■ Eine Diskussions-Musik-Veranstaltung der Jungen Welt

Als die linken Publizisten Robert Steigerwald, Jürgen Elsässer und Robert Kurz bei einer Veranstaltung der Jungen Welt im Mojo-Club diskutierten, blieb kein Platz für Beschwerden. Auch nicht für solche, die vermeintlich unverbesserliche „Nörgler“ immer wieder führen, um nett gemeinte Diskussionen zu bremsen oder die Glorie der sozialen Marktwirtschaft nicht anerkennen zu müssen.

Zum Thema des Abends „Was macht der Revolutionär in nichtrevolutionären Zeiten“ trat Steigerwald als die etwas zu gute Seele des aufrechten Gangs an. Kurz sprach als Ökonom, der keine Lust hat, über die Fähigkeit des Kapitalismus zur Rekonvaleszenz und Selbstverbesserung hinwegzusehen. Der Diskussionsleiter Elsässer ist schließlich jemand, der Ansprüche formuliert, ohne daß ihm die Augen aus den Höhlen treten. Ihm blieb es vorbehalten, zum Beispiel das „preußische Arbeitsethos im Leninismus“ einzuräumen, ohne sich auf die Seite von Kurz zu schlagen, der gleich in einer ganzen Reihe linker Projekte eine, zwei, viele „Bewegungsformen des variablen Kapitals“ erkannte.

Auch seit den Diskussions-Veranstaltungen des Wohlfahrtsausschusses ist es in Hamburg nicht selbstverständlich, daß an Plätzen, an denen sich die Bohème versammelt, „diskutiert“ wird. Diskussionen führen immer noch Türsteher mit Leuten, die über fehlende Namen auf der Gästeliste ein paar Worte verlieren möchten. Gegen das „Gaukelwerk“ (KED-Chef Kurt Euler) solcher Szene-Konventionen helfen Debatten wie die am Donnerstagabend, auch wenn sich die Diskutanten aus dem Publikum sagen lassen mußten, daß jüngere Kämpfe „aus feministischer oder autonomer Perspektive“ in ihre Argumentation keinen Eingang gefunden hatten.

Die wohlgesetzten und manchmal, wie bei „Dance allemande“, ein wenig zu sehr der Kraft der Metaphern vertrauenden Wortbeiträge des Sängers Franz-Josef Degenhardt und der apollinische Beat der Robespierres mischten den Saal im Anschluß daran in jeder Hinsicht auf.

Kristof Schreuf

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