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Vollmundig gegen das Ärgernis

■ Schanzenviertel: Konzertierte Aktion gegen Wohnraumvernichtung nach Art des Henning Conle

Konzertierte Aktion Wohnungsleerstand Schanzenviertel: „Gemeinsam“, kündigt Rüdiger Dohrendorf, Sprecher der Stadterneuerungsgesellschaft (Steg), vollmundig an, wollen Politiker, Sanierungsträgerin Steg, Mieter- und Anwohner-Initiativen sowie der Bezirk Mitte das „Ärgernis Susannenstraße  7“ bekämpfen. Das dreistöckige Hinterhof-Haus der Jahrhundertwende rottet seit geraumer Zeit vor sich hin. „Mindestens zwei Wohnungen“, weiß Dohrendorf, seien aufgrund jahrelanger Untätigkeit des Vermieters inzwischen in einem so katastrophalen Zustand, daß sie ohne Modernisierung nicht mehr vermietet werden könnten.

„Nicht hinnehmbar“ und schon gar nicht für einen der am dichtesten besiedelten Stadtteile Hamburgs, befand auch das Amt für Wohnungspflege im Bezirk Mitte und lehnte jüngst den Antrag des Wohnungseigentümers ab, das Haus für „unbewohnbar“ zu erklären: Denn die Verwaltung hält die Instandsetzung des Gebäudes durchaus „für wirtschaftlich zumutbar“ und drängt auf zügige Gebäude-Sanierung.

Erwartungsgemäß legten die Vertreter des Haus-Eigentümers Henning Conle – einer der deutschen Altbau-Mogule – Widerspruch ein. Während sie nun die Zeit für sich ticken lassen – sie wird den gewollten Zusammenbruch über kurz oder lang herbeiführen –, grämt sich der Bezirk: Ähnlich wie bei den „LaMa-Häusern“ im Karolinenviertel ist es schwer, den Eigentümer rechtlich zu belangen.

Denn Teile der Susannenstraße 7 sind als Gewerberaum ausgewiesen. Und weil für den kein explizites Leerstandsverbot existiert, kann folglich auch kein Verstoß geahndet werden: „Das Gesetz zum Erhalt und zur Pflege von Wohnraum gilt eben nur für Wohnungen“, erinnert Baubehörden-Sprecher Matthias Thiede an die unbefriedigende Rechtssituation.

„Faktisch“, widerspricht eine Anwohnerin, „waren die oberen Geschosse des Hauses früher aber immer als Wohnungen genutzt.“ Von der Conle-Verwaltung war gestern keine Stellungnahme zu erhalten.

Von der Verzögerungstaktik hat der Bezirk Mitte die Faxen dicke: Er droht dem „Mieterschreck“ Conle nun mit dem äußerst selten verhängten Instandsetzungsgebot (§ 177 Baugesetzbuch). Danach sind Mängel, die die „gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse“ gefährden, sofort zu beseitigen. „Ein schwerer Vorwurf, der sich aber beweisen lassen dürfte“, glaubt ein Sanierungs-Experte.

Heike Haarhoff

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