: Empörung über SPD-Fraktionschef
■ Heftige Kritik für Bögers Attacke gegen Unis und Theater
Ein Satz und seine Folgen: Die Bemerkung des SPD-Fraktionschefs Klaus Böger, drei Universitäten in Berlin seien „kontraproduktiv und nicht mehr finanzierbar“ und die Universitätspräsidenten würden „ihr Reich verteidigen und Studenten aktivieren, damit sie selbst nicht nachdenken müssen“, löste gestern Empörung aus.
Von „platten“ Äußerungen sprach die Pressestelle der Humbboldt-Universität (HU), „unverantwortlich“, lautete der Vorwurf des Präsidenten der Technischen Unversität (TU), Dieter Schumann, an Bögers Adresse. Dessen Vorschlag, der auf die Schließung einer der drei Hochschulen abziele, entbehre „jeder Vernunft“. Nur durch den weiteren Abbau von Studienplätzen seien noch „relevante“ Einsparungen zu erzielen. Nach Ansicht von Schumann sei aber schon mit der Verabschiedung des Haushaltsstrukturplans, der einen Abbau auf 85.000 Studienplätze vorsieht, das „angemessene Maß“ für die Hauptstadt unterschritten worden. Die HU wertete Bögers Vorstellungen als „Aufkündigung des Generationsvertrages durch die SPD“.
Unter der Überschrift: „Mit der CDU keine Zerschlagung der Freien Universität“, wetterten gestern deren Hochschulexperten Dieter Heckelmann und Monika Grütters gegen Bögers Vorstoß. Die CDU werde die Abwicklung einer Hochschule „nicht dulden, schon gar nicht eine Zerschlagung“ der FU.
Das „ständige Katastrophengerede“ der SPD, so monierten der Ex-Innensenator und die vormalige Pressesprecherin des Hochschulsenators Erhardt, schade den Einrichtungen, weil so Wissenschaftler „immer schwieriger“ zu gewinnen seien. Der kulturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Uwe Lehmann-Brauns monierte, der SPD-Fraktionschef habe den Beitrag der Kultur zum strukturellen Sparen offenbar „übersehen“. Auch sei die Kultur, die lediglich 2,3 Prozent des Gesamtetats ausmache, „qualitativ nicht geeignet, Finanzlöcher zu stopfen“.
Der Gescholtene selbst attackierte gestern seinen Parteifreund, den ÖTV-Landesvorsitzenden Kurt Lange, wegen dessen Angriffe gegen den Sparkurs des Senats und den von der Gewerkschaft organisierten Warnstreiks. Lange könne nicht entgangen sein, daß Berlin 1999 fast 40 Prozent seiner Einnahmen für Zinsen aufbringen werde. Auch der ÖTV- Chef wisse, daß der Sparkurs für die Stadt „lebensnotwendig“ und „alternativlos“ sei. Severin Weiland
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