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Kein Einknick in Bonn

Bonn (taz) – Berlin kann aufatmen, Bonn muß alle Hoffnung fahren lassen – alles war nur ein Mißverständnis. Die Rheinlandpartei, die sich die „europäischen Föderalisten“ nennt, ist nach wie vor standhaft und aufs äußerste und energischste gegen den Umzug. Dabei hatten die Bonn-Befürworter gestern morgen schon allen Mut fahren lassen müssen, daß der größte Fels in der Brandung der Umzugsbewegung, eben die Rheinlandpartei, nicht abbröckelt.

Pressesprecher Martin Nieswandt erklärte gestern die Lage: Auf dem Weg zum Kindergarten, so sprach er, habe er im Radio gehört, daß die Rheinlandpartei in ihrer Meinung eingeknickt sei. „Ich kann Sie beruhigen“, beruhigte Martin Nieswandt die Journalistenschar, „wir weichen keinen Millimeter.“ Seine Tochter, mit der er aus dem Kindergarten in den Bonner Presseclub gekommen war, nickte.

Der bayerische Ministerpräsident Stoiber, der jüngst sogar den Vorschlag wagte, auch der Bundesrat müsse noch in diesem Jahrtausend nach Berlin ziehen, muß also wieder zittern. Aufwind bekommen aber die Heerscharen der Bonnbefürworter, von denen bisher nur einige Speerspitzen den offenen Konflikt gewagt haben, wie etwa SPD-Mann Hans Wallow. So sichert man sich ein bißchen Aufmerksamkeit.

Das konnte auch der haushaltspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Oswald Metzger, in der vergangenen Woche erfahren. Eigentlich wollte er ja zum Steuerausfall Stellung nehmen. Keiner fragte. Erst als er vorschlug, entweder auf den Umzug zu verzichten, oder komplett umzuziehen, wurde eifrig nachgebohrt. „Wenn ich das geahnt hätte...“, sagte er nachdenklich. Auch wir sind nachdenklich und nehmen uns für heute vor, nicht in den Kindergarten zu fahren. Markus Franz

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