: Die Müll-Studie des Senats ist Müll
■ Eine "Schwachstellenanalyse" im Auftrag von Umweltinitiativen nennt das Senatsgutachten zur Müllpolitik "lückenhaft und widersprüchlich". Umweltsenator Strieder will Neuberechnung der Müllmengen und Run
Der Senat hat 150.000 Mark für eine von Ex-Umweltsenator Volker Hassemer in Auftrag gegebene Studie verschwendet. Das ist der Vorwurf des stadtweiten Zusammenschlusses Berliner Bürgerinitiativen gegen Müllverbrennung, „Mi(e)f“. Das Senatsgutachten, erstellt von der Ingenieurgemeinschaft Technischer Umweltschutz (ITU), sollte den Einsatz mechanisch-biologischer Verfahren bei der Restmüllbehandlung prüfen. Was dabei herauskam, ist jedoch, wie es in der von „Mi(e)f“ initiierten „Schwachstellenanalyse“ des Tübinger Umweltinstitutes EPEA heißt, „lückenhaft und zum Teil widersprüchlich“. Das ITU-Gutachten könne nicht als Studie bezeichnet werden, da es den „wissenschaftlichen Mindeststandards“ nicht genüge. Zudem seien im Auftrag des Senats keine wirklichen Konzeptalternativen untersucht worden, „sondern lediglich abgestufte Varianten ein und desselben Konzepts“.
Die Tübinger Wissenschaftler, stellten fest, daß Berechnungsmethoden und -faktoren der zugrundegelegten Abfallprogosen nicht sachgerecht, Berechnungen fehlerhaft und nicht nachvollziehbar waren. Wichtige Werte wie Abfallmengen, Heizwerte, Transportentfernungen seien offenbar willkürlich gesetzt und ungeprüft verwendet worden. „Es fehlen wesentliche umwelt- und kostenrelevante Untersuchungen wie Energiebilanz, Abfallbilanz, Schadstoffbilanz und CO2-Bilanz“, so Michael Blöcher, Mitarbeiter bei der Schwachstellenanalyse. Daß es sich bei der Senatsstudie um ein „Gefälligkeitsgutachten“ für die Müllverbrennungslobby handelt, behaupten die Umweltinitiativen schon lange. Konsequenz des Senats müsse daher laut „Mi(e)f“- Sprecher Thomas Kreutzer sein, die ITU-Studie nicht weiter zur Abfallplanung zu verwenden. Statt dessen solle ein integriertes Kreislaufwirtschafts- und Abfallkonzept für Berlin auf der Basis einer aktuellen Restmüllanalyse erstellt werden. Die Überlegungen zu einer gemeinsamen Abfallpolitik mit dem Land Brandenburg sollten fortgeführt werden. „Die mindestens zwei geplanten Müllverbrennungsanlagen in der Neuköllner Gradestraße und am Lichtenberger Blockdammweg dürfen jedenfalls nicht errichtet werden.“
Der Sprecher der Umweltverwaltung, Manfred Ronzheimer, erklärte, die ITU-Studie sei keineswegs verschwendetes Geld, sondern zur damaligen Zeit notwendig gewesen. Inzwischen allerdings seien die Rahmenbedingungen verändert und die geplanten Müllmengen müßten überprüft werden. „Wir wollen einen Runden Tisch zu der Problematik mit allen Beteilgten und einem offenen Ausgang“, sagte Ronzheimer. Zwar hatte Staatssekretär Hans Kremendahl betont, daß die von seinem Haus beauftragte ITU-Studie „wichtige Hinweise für die zukünftige Abfallwirtschaftsplanung liefere“, doch Senator Strieder selbst hatte bereits im März im Abgeordnetenhaus vor allem die in der ITU-Studie angenommenen Müllmengen moniert. Auch hatte er betont, daß es Verträge mit ihm nicht geben werde, die Berlin verpflichteten, in den nächsten zwanzig Jahren die Lieferung bestimmter Abfallmengen zu garantieren. Kathi Seefeld
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