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Nullschmeckende Nitroffeln

■ Der Verein „Eltern für unbelastete Nahrung“ testete den Nitratgehalt von Frühkartoffeln: Das Ergebnis ist appetitzügelnd Von Marco Carini

Man könnte sie auch Nitroffeln nennen – die Erdknollen, die unter der verheißungsvollen Bezeichnung „festkochende Frühkartoffeln“ zur Zeit die Marktstände und Gemüseregale füllen. Nach einer von der Kieler Bundesgeschäftsstelle von „Eltern für unbelastete Nahrung“ durchgeführten Untersuchung steckt in den meisten zur Zeit angebotenen Kartoffeln mehr Nitrat, als für den menschlichen Körper unbedenklich ist. Selbst Knollen, die im Ökoladen angeboten wurden, wiesen eine hohe Belastung auf.

Stark erhöhte Nitratwerte verweisen in der Regel auf einen intensiven Einsatz von Düngemitteln. Gefährlich werden die Nitrate, wenn sie im Körper zu Nitriden umgewandelt werden und sich dabei krebserregende Nitrosamine bilden. Trotzdem existiert bislang weder ein Richt- noch ein Grenzwert für die Nitratbelastung der Nachtschattengewächse. Nitratbe-lastungen von 20-30 mg pro Kilo gelten als normal, bei 50 bis 60 mg kann man von einer leicht erhöhten Anreicherung sprechen. Das „Gütezeichen der schleswig-holsteinischen Landwirtschaftskammer“ erhalten Kartoffeln aus dem Nord-Bundesland nur, wenn ihr Nitratgehalt 100 mg pro Kilo Frischmasse nicht übersteigt.

Die 100 mg-Grenze wurde nur von einem Drittel der Erdknollen, die von den Eltern für unbelastete Nahrung getestet wurden, nicht überschritten. Als Negativ-Rekordhalterin entpuppte sich eine Fracht israelischer „Nicola“-Kartoffeln (300 mg), gefolgt von einer Probe „Concord“-Kartoffeln aus Mallorca (240 mg) und Nicola-Kartoffeln die aus Italien stammten. Von hier kam auch eine im „ökologischen Anbau“ gereifte Auswahl der Sorte „Spunta“, die immerhin eine Nitrat-Belastung von 150 mg pro Kilo aufwies.

„Wenn man bedenkt, daß Frühkartoffeln als Fernreisende mit entsprechend mieser Ökobilanz bei uns eintreffen, festkochend, aber nullschmeckend sind, dann sind sie tatsächlich so schlecht wie ihr Ruf“, betont die Geschäftsführerin der Eltern-Initiative, Helga Rommel. Der Verein fordert deshalb eine systematische Lebensmittel-Überwachung der angebotenen Kartoffeln und ein „Nitrat-Minimierungsverbot“. Solange es beides nicht gibt, müssen gesundheitsbewußte VerbraucherInnen wohl auf Pasta und Pizza umsteigen.

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