: Verwehte Landschaften
■ Unterwegs in Afrika - Teil 1: "Auf Sand gebaut" (20.15 Uhr, Südwest 3)
Schließ die Augen und sag einmal Afrika... dann kommen sicherlich Bilder von Krankheit, Not und Bürgerkrieg. Und vielleicht auch von Wüstenlandschaften, weiten Savannen, fremden Riten und Rhythmen. Ein Filmteam war für die ARD wochenlang „Unterwegs in Afrika“, genauer: auf der Piste von Marokko nach Mauretanien, dem letzten übriggebliebenen Landweg nach West- und Zentralafrika. Drei Folgen dokumentieren die Reise mit Lkw und Jeeps von Tanger durch die Spanische Sahara, Mauretanien, Senegal, Mali, Burkina Faso, Guinea bis Ghana und Togo.
„Auf Sand gebaut“ ist der erste Teil der Serie. Vorbei an bizzaren Sandverwehungen, endlosen Dünen fahren die Konvois durch das Niemandsland der Spanischen Sahara zur mauretanischen Grenzstadt Nouadhibou. Mit im Konvoi: die Schrottkisten zumeist jugendlicher Abenteurer, die mit Gottvertrauen die Wüste durchqueren wollen. In der Grenzstadt Nouadhibou leben viele Flüchtlinge aus der Westsahara. Rassismus zwischen „schwarzen“ Afrikanern und „weißen“ Arabern ist hier Alltag. Das Filmteam fängt auf seiner Reise durch Afrika nicht nur irritierend schöne Landschaftsbilder ein, sondern geht vor allem auf die dort lebenden Menschen zu.
Auf dem zwei Kilometer langen Eisenerz-Transportzug geht die Fahrt von Nouadhibou zur Wüstenstadt Choum und über Geröll und Sandpisten durch Wüsten und Oasen bis nach Chinguetti, der heiligen Stadt des Islam. Chinguetti war einst Handelsmittelpunkt der Karawanen von Nord- nach Südafrika und Zentrum der afrikanischen Mekka-Pilger. „Ich möchte Pilot werden, damit ich verreisen kann“, sagt der 13jährige Resi, der das Filmteam durch Chinguettis Gassen führt. Einst gehörte die Stadt zu den wichtigsten religiösen Zentren der Muslime. Heute versinkt sie immer mehr im Sand.
„Chinguetti wird nicht sterben“, versichert dagegen Azhmed Ould Wenane, Präsident der „Vereinigung zur Rettung historischer Denkmäler Chinguettis“ und Tourismusdirektor in Personalunion. In einer kleinen Herberge erzählt er von seiner Vision eines funktionierenden, kontrollierten Tourismus in der Wüstenstadt. Und hofft auf die finanzielle Hilfe Europas.
Doch Entwicklungen, auch von den Industrienationen unterstützte Projekte, sind in Afrika allzuoft auf Sand gebaut. Ein Beispiel ist die mauretanische Stadt Akjoujt. Sie wurde vom Rest der Welt einfach fallengelassen, weil aus der Region kein Profit mehr zu herauszuholen ist. Hier schürfte die Kolonialmacht einst Kupfer aus der Erde – bis die Weltmarktpreise für das Edelmetall in den Keller sackten. Die Kolonialtechniker verschwanden. Zurück blieben Taxis, Busse, Kanalisation, Autowaschanlagen und Straßenlaternen – überweht und halb oder ganz versunken im Sand.
„Unterwegs in Afrika“ zeichnet ein ungewöhnliches Porträt Mauretaniens. Entstanden ist eine Reisereportage, die weit entfernt ist von seichten Berichten über die touristischen Vorzüge eines Landes. Die Kamera läßt sich ein auf die Menschen, die Landschaften und ihre Geschichte. Und mag die Fahrt durch die menschleeren Gegenden Mauretaniens mit all ihren Unwegsamkeiten auch noch so aufregend anmuten, so haben die Autoren doch keinen selbstherrlichen Abenteuerfilm daraus gemacht. Edith Kresta
Die Sendetermine der beiden nächsten Folgen aus der Reihe „Länder Menschen Abenteuer. Unterwegs in Afrika“:
5. Juni, 20.15 Uhr: „200 Meter bis zum Paradies – Eine Reise zum Volk der Dogon“.
12. Juni, 20.15 Uhr: „Schönheit und Schicksal – Erfahrungen in Savanne und Regenwald“.
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