: Die Reichen bestechen die Armen
Neue Hitliste: Am wenigsten bestechlich sind neuseeländische Beamte, am bestechlichsten Staatsdiener in Nigeria. Das Geld für die Korruption kommt vor allem aus den Industrieländern ■ Von Nicola Liebert
Berlin (taz) – „Kann ich einen Blick in die neueste Rangliste der korruptesten Länder werfen?“ fragt ein Mann. „Sicher“, antwortet der Archivangestellte. „Gegen eine gewisse Summe...“ Dem neuesten Korruptions-Index der nichtstaatlichen Organisation Transparency International zufolge könnte sich eine solche Szene in zahlreichen Ländern zutragen – etwa in Nigeria. Das westafrikanische Land findet sich in einer 53 Staaten umfassenden Rangliste als wohl korruptestes Land, gefolgt von Pakistan, Kenia, Bangladesch und China. Rußland steht an achter Stelle.
Am anderen Ende der Skala brilliert Neuseeland mit den korrektesten Beamten und Politikern. In der von einer Arbeitsgruppe der Uni Göttingen durchgeführten Erhebung wird das Land als nahezu frei von Bestechung geführt, knapp vor Dänemark, Schweden und Finnland. Als dreizehntes Land folgt die Bundesrepublik, genau wie schon 1995.
Ist demnach Korruption in erster Linie ein Problem der Dritten Welt? Mitnichten, meint der Vorsitzende von Transparency International, Peter Eigen: „Es ist unvermeidlich, daß viele Entwicklungsländer in dieser Erhebung als höchst korrupt erscheinen.“ Denn untersucht wurde in den diversen Umfragen bei Mitarbeitern international agierender Unternehmen und Organisationen, die dem Index zugrunde liegen, nur die passive Korruption, also die Bestechlichkeit.
Aber was die aktive Korruption anbelangt, sieht das Bild ganz anders aus, fügt Eigen hinzu. „Die meisten Bestechungsgelder bei internationalen Ausschreibungen werden von Großfirmen aus den reichsten und am weitesten entwickelten Ländern gezahlt.“
Würde man eine Rangliste nach aktiver Bestechung erstellen, stünde die BRD „sehr viel schlechter da“, ist der ehemalige Weltbankdirektor sicher. Deutsche Firmen genössen im Ausland sogar einen ausgesprochen schlechten Ruf, nicht zuletzt weil das politische Establishment die Notwendigkeit von Bestechung immer wieder verteidigt – mit dem Argument, nur so könnten international ausgeschriebene Großaufträge ergattert und damit deutsche Arbeitsplätze gesichert werden. Erst kürzlich kam Siemens infolge von Korruptionsvorwürfen in Singapur auf eine schwarze Liste, die den deutschen Konzern für fünf Jahre von Ausschreibungen in dem prosperierenden asiatischen Stadtstaat ausschließt.
Doch Besserung sei in Sicht. Zumindest im Inland gezahlte Bestechungsgelder sind seit letztem Jahr nicht mehr von der Steuer abzusetzen. Die OECD erarbeitet derzeit eine strenge Empfehlung, steuerliche Abzugsfähigkeit für Bestechungsgelder zu unterbinden und Korruption juristisch zu verfolgen. Und die WTO hat die Korruptionsbekämpfung auf ihre Tagesordnung für die nächste Jahresversammlung im Dezember gesetzt.
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