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Wie verkaufe ich meiner Frau ein Rad?

■ Das Fahrrad der Zukunft ist der beste Freund des Menschen: Mit „slow design“ will der Gangschaltungsriese Shimano in neue Käuferschichten hineinrollen

Mit schlechtem Gewissen oder guten Argumenten wurde noch nie viel verkauft. Auch keine Fahrräder. Sicherlich wird es auch im Jahr 2000 noch Radler geben, die voller Inbrunst die Faust gegen die Stinkekisten schütteln und ihr Altglas im Fahrradanhänger zum Container bringen, doch wird mit denen kein Geld verdient. Der Radler der Zukunft hat heute noch kein Fahrrad und wird sich auch nicht von ökologischen Argumenten überzeugen lassen, eins zu kaufen. Eine gelungene Werbung und gutes Design werden ihn ködern, so jedenfalls die Hoffnung der Fahrradindustrie.

Vor zehn Jahren wurden in Europa 14 Millionen Fahrräder verkauft, letztes Jahr waren es 18 Millionen, und nach dem Willen der Fahrradindustrie sollen die Zahlen weiter steigen. Deshalb trafen sich im taz-Gebäude Hans van Vlieth, Europachef des japanischen Gangschaltungenherstellers Shimano, und Hannes Wetzstein, Schweizer Designer, um sich über die Zukunft des Velozipeds zu unterhalten. „Die zentrale Frage ist“, so van Vlieth, „wie kann ich meiner Frau im Jahr 2000 ein Fahrrad verkaufen?“

Die Fahrradindustrie steht nämlich vor einem Problem. Der Mountainbike-Boom, der in den letzten zehn Jahren solide Wachstumsraten garantierte, ist am Ende, und wie es weitergehen soll, ist unklar. Schon der Run auf die Mountainbikes war kein von den Herstellern lancierter Trend, sondern eine sportliche Laune der Kunden. Das soll der Fahrradindustrie nicht noch einmal passieren. Die Zauberformel aus der Shimano-Chefetage heißt „slow design“. Nun werden bei Shimano aber keine kompletten Fahrräder herstellt, sondern nur Gangschaltungen, Naben und Bremsen. Und selbst als Monopolist mit einem Marktanteil von 90 Prozent ist es nicht einfach, auf die eigentlichen Fahrradbauer Einfluß zu nehmen. Was also tun als Zulieferer mit einer Vision, wie die Dinge global zu rollen hätten?

Shimano suchte sich unabhängige Experten wie den Schweizer Designer Hannes Wetzstein, führte Gespräche mit ihnen, die dann als Film der restlichen Fahrradindustrie präsentiert werden sollen. Damit hofft Shimano Anregungen zu geben, wie die Zukunft des Rades aussehen könnte. Für Wetzstein sind die Möglichkeiten für Fahrraddesign beschränkt: Solange keine günstigen Rahmenbedingungen, sprich viele gute Fahrradwege existierten, habe es nicht viel Sinn, neue Abstandhalter zu entwerfen. Als erstes seien also die Behörden gefragt. Prinzipiell gehe es darum, eine neue „Kultur des Fahrrades“ zu entwickeln. Weg vom Technikkult, hin zum diskreten, offenen Zusammenspiel von Elementen.

Das sieht man bei Shimano auch so. Mit Katalogen, die mehr Wert auf Detailaufnahmen von chromblitzenden Speichen legen als auf Imagegebung, glaubt Shimano, keinen Blumentopf mehr gewinnen zu können. Ähnlich wie in der Autoindustrie auf die kleinen Cityflitzer gesetzt wird, vertraut auch Hans van Vlieth auf das wendige Citybike. Vor allem dort erhofft man sich neue Kundenkreise zu erschließen.

Doch was hat es mit dem „slow design“ auf sich? Für Hannes Wetzstein bedeutet das vor allem bewußte Gestaltung. „Ein Fahrrad muß ein Freund sein“, sympathisch müsse es aus der Anonymität heraustreten, „nicht wie ein Staubsauger, der aussieht, als würde er mit 300 Stundenkilometern durch die Wohnung fegen.“ Kurz, das Fahrrad brauche einen Zusammenhalt, eine Philosophie, alles müsse sich zusammenfügen. Tobias Rapp

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