: Klemann und die Kritiker
Wenn Bausenator Klemann in seiner bisherigen Amtszeit auffiel, dann vor allem als Verhinderer. Die Akademie der Künste will der gelernte Zehlendorfer auf die Berliner Steinzeit zurückstutzen, und nun soll auch der Schweizer Max Dudler die Neubauteile des Außenministeriums nicht so bauen sollen, wie er nach Ansicht der Jury eigentlich sollte. Was 1994/95 noch als „Architektenstreit“ durch die Medienlandschaft geisterte, mausert sich unter der Ära Klemann offenbar zur beliebigen „Architektengeschmäcklerei“. Beiden Debatten ist dabei jene Unübersichtlichkeit zu eigen, die dann entsteht, wenn die Kritiker sich einig nur in dem sind, was sie nicht wollen.
Während sich ein einflußreicher Teil dieser Zunft vor geraumer Zeit noch um die vermeintlich konservative Botschaft sorgte, die von der „Berlinischen Architektur“ Stimmanns ausginge, ist die Gemengelage nun eine völlig andere. Nun geben nicht mehr jene den Ton an, die sich an den Natursteinfassaden ihre moderne Nase reiben, sondern die tatsächlich Zurückgebliebenen, für die die Alternative zu Dudler eben nicht Libeskind heißt, sondern stuckige, zackige Auftragsarchitektur.
Doch dagegen erhebt kaum einer der vormaligen Kritiker das Wort. Warum eigentlich? Weil Klemann – anders als Stimmann – für die kritische Avantgarde nicht satisfaktionsfähig ist? Oder aber, weil man opportunistisch genug ist, abzuwarten, welcher Wind unter der künftigen Senatsbaudirektorin Barbara Jakubeit weht? Schlimm wäre beides. Für die Stadt geradezu fatal ist es freilich, wenn der eigentliche Kern der Debatte, die städtebauliche Nutzung, von den Fassadenrechtlern wieder einmal übertüncht wird. Uwe Rada
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