piwik no script img

Zartgebratenes „B÷uf Halleluja“

■ Aus Kirchen sollen feine Kneipen werden. Eine köstliche Idee, findet der taz-Autor und bewirbt sich hiermit um die Konzession

Köln (taz) – Gastronomische Betriebe B. Müll & Ender GmbH, Aachen. An: Evangelische Gemeinde Köln, Presbyterium. Betr. „Projekt Kneipe in Kirche“. Werte Damen und Herren im Herrn, wir nehmen Bezug auf den aktuellen Beschluß Ihres Presbyteriums, nach dem Sie die Liegenschaften der Christuskirche in Köln, Belgisches Viertel, „künftig multifunktional nutzen“ und wochentags in einen Restaurationsbetrieb umwandeln wollen. Wie Sie schreiben, zwingt Sie akute Geldnot zur Verpachtung der 900 Quadratmeter Kirchenfläche mit Platz für rund 200 Gäste. Wir sind mit Ihnen der Meinung, daß ein solches Projekt Kneipe in Kirche eine „spannende Herausforderung“ darstellt. Laut Ausschreibungsunterlagen suchen Sie für „dieses in Deutschland bisher einmalige Konzept eine niveauvolle, großzügige und offene Gastronomie“. Diese können wir Ihnen bieten – aus ökonomischen Erwägungen ist sie streng ökumenisch ausgerichtet (um auch Konkurrenzgläubige anzusprechen). Unser Mixkonzept umfaßt neben dem edlen Speiselokal eine Disko mit Live-Konzerten sowie eine Kölsch-Kneipe mit Altartresen und Stammtisch im Seitenschiff. Wie Sie der Anlage entnehmen können, haben wir bereits eine umfängliche Speisekarte entworfen. Die wichtigsten Menüpunkte unseres Abendmahles „Christ-Gourmette“: – Begrüßungscocktail „Credo“ – Büßer- Bouillon „Erhörung“ – Abbitte- Auflauf „Sündenpfuhl“ – B÷uf „Halleluja“ – Dessertcreme „Pastorenglück“ – Kaffee, Oblatenbuffet. Für die kleinen Gäste haben wir statt des üblichen Kindertellers ein Ministranten-Menü (mit Fischstäbchen „Für Bitte Bitte“) zusammengestellt. Große Gewinnspannen erhoffen wir uns von der Idee, Leitungswasser als Wein auszuschenken. Besonders stolz sind wir auf Restbestände unserer blumig-süffigen 0033er Kreuzigungs-Auslese. Den erhofften „völlig neuartigen Dialog mit der Öffentlichkeit“ wollen auch wir vorantreiben. Darum schlagen wir vor, im geplanten „Gastronomiebetrieb mit Tagungsmöglichkeit“ den Weltkongreß der Atheisten und Häretiker 1997 in Ihrer Christuskirche zu verköstigen. Unser variables Konzept mit mobilem Mobiliar erlaubt es Ihnen selbstverständlich, die Gottesdienste wie gehabt und gewünscht am Sonntag durchzuführen. Über alle Küchenabfälle der Woche dürfen Sie im Rahmen ökologischen Resterecyclings gern bei Ihren traditionellen kirchlichen Sonntagsspeisungen verfügen. Mit etwas Phantasie sind dabei ganz neuartige Wandlungs- Möglichkeiten denkbar. Mit vorzüglicher Hochachtung Bernd Müllender

PS: Über eine rasche Antwort würden wir uns sehr freuen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen