: Die Zeichen deuten auf einen schweren Sturm
■ Der DGB verspricht einen „heißen Sommer“, sollte die Regierung am Sparpaket festhalten. Städte und Gemeinden appellieren, den Sozialkürzungen zuzustimmen
Hamburg (dpa) – Dieter Schulte, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), macht Stimmung. Sollte die Regierung weiterhin willens sein, das Sparpaket durchzubringen, werde es einen „heißen Sommer geben“. Schulte kündigte Streiks wie in Frankreich an. Doch zunächst wird er abwarten, wie viele der erwarteten 200.000 am kommenden Wochenende zu einer ersten Anti- Sparpaket-Demo nach Bonn kommen werden.
Angesichts der Prophezeiungen gibt sich die Regierung stark. Kanzleramtsminister Friedrich Bohl sagte, er erwartete, daß das Sparpaket wie besprochen verabschiedet werde, gegen alle Proteste. „In einer Demokratie muß ja auch das Argument zählen und nicht, wer mehr Fahnen schwingen kann“, meinte Bohl. Die Warnung von DGB-Chef Schulte steht deutlich im Raum: „Wer jetzt kommt und die Lohnfortzahlung abschaffen will, der riskiert den sozialen Frieden“, sagte er in einem Interview. Zeige sich die Regierung uneinsichtig, komme es zu den längsten Streiks in Nachkriegsdeutschland. In einem Brandbrief bat DGB-Vizechefin Ursula Engelen- Kefer die weiblichen Bundestagsabgeordneten, gegen die Kürzungen zu stimmen.
Am Freitag war das Bemühen der Bundesländer gescheitert, sich auf ein gemeinsames Sparkonzept zu einigen. Dies kritisierte auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund. Er sprach sich dezidiert dafür aus, die Sozialleistungen zu kürzen, auch wenn dies zu mehr Sozialhilfeempfängern führen werde. Gescholten wurde vor allem die Haltung der SPD-geführten Länder, die gefordert hatten, auf Steuervergünstigungen zu verzichten. In Leipzig sagte Oskar Lafontaine, Ministerpräsident des Saarlandes und Vorsitzender der SPD: „Man kann nicht die Leistungen für Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilfeempfänger kürzen und gleichzeitig den Reichen Sekt ausschenken, indem man die Vermögenssteuer abschafft.“
Der Sparwille der Regierung scheint ungebremst. Gestern wurde bekannt, daß sie entschlossen ist, die Kürzungen der Lohnfortzahlungen für Kranke auf 80 Prozent notfalls mit gesetzlichen Maßnahmen durchzusetzen. Somit würde die Regierung direkt in bestehende Tarifverträge eingreifen.
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