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Schulstreik geht unbefristet weiter

■ Boykottaktionen auch nach den Sommerferien

Die 360 Schülerinnen und Schüler der Friedrich-Ludwig-Jahn- Hauptschule in Kreuzberg wollen ihren Unterrichtsboykott gegen die Sparbeschlüsse des Senats auf unbefristete Zeit fortsetzen. Wie die Vorsitzende des Bezirkselternausschusses, Barbara Seib, gestern erklärte, gehe es den Schülern und Eltern „nicht nur um die Wiedereinstellung der drei Lehrerinnen, sondern um die Einhaltung des Gesetzes über Lehr- und Lernmittelfreiheit“. Die drei Frauen gehören zu den 1.300 befristet angestellten Lehrern, deren Verträge aufgrund der Sparmaßnahmen zum 19. Juni auslaufen.

An der Friedrich-Ludwig-Jahn Schule wird bereits seit einer Woche gestreikt. Dem Beispiel folgten gestern auch die Eltern und Schüler der Reinhardswald-Grundschule in Keuzberg. „Schon jetzt überlegen die Eltern von mindestens fünf Kreuzberger Schulen, daß sie ihre Kinder auch nach den großen Ferien nicht wieder in die Schule schicken“, weiß Seib. 1980 hätten die Schulen für jeden Schüler noch 150 Mark für Bücher bekommen. Jetzt seien es nur noch 30 Mark. „Schulen mit betuchten Eltern können das ausgleichen, die anderen nicht. Damit bleibt die Bildungs- und Chancengleichheit auf der Strecke.“

Die Briefe der Jahn-Pennäler an Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD), den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und den Leiter des Landesschulamtes, Wilfried Seiring, seien ohne Resonanz geblieben, bedauert Seib. „Es herrscht Totenstille.“ Einzig die Kreuzberger Schulstadträtin Hannelore May (parteilos, für Bündnis 90/Die Grünen) hat die Streikenden besucht. Der Plan, den Boykott nach den großen Ferien fortzusetzen, erfüllt die dem Anliegen der Schüler sehr positiv gesonnene Stadträtin allerdings mit großer Sorge: „Ich befürchte, daß die anfängliche Begeisterung in Frustration und Aggression umschlägt, wenn das Medienecho nachläßt“, so May zur taz.

Wie angekündigt, verweigern seit gestern auch die 950 SchülerInnen der Zehlendorfer Werner-Siemens-Oberschule den Unterricht. Die Schule soll zum Ende des Schuljahres 11 befristet angestellte Lehrer verlieren. „Fächer wie Spanisch fallen dann flach, weil zwei der drei Spanischlehrer gehen müssen“, weiß die stellvertretende Vorsitzende der Gesamtelternvertretung, Eva Borchart. Heute um 15 Uhr wird vor der Werner-Siemens-Oberschule eine große Podiumsdiskussion stattfinden, zu der sich mehrere Fernsehsender angesagt haben und zu der unter anderem auch Schulsenatorin Ingrid Stahmer eingeladen worden ist. Plutonia Plarre

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