Das Portrait: Frommer Landesvater
■ Erwin Teufel
Er redet gemächlich, seine Hände halten sich am Pult fest, die Stimme schwankt kaum. Erwin Teufel ist ein Herr der leisen Töne. In seiner Regierungserklärung vor vier Jahren sagte er, man möge keine großen Innovationen von ihm erwarten, dafür fehle das Geld. „Weitsichtige Bescheidenheit“ proklamierte er, ganz im Sinne des Heimatphilosophen Martin Heidegger. Der Frontmann der baden-württembergischen Christdemokraten sonnt sich nicht darin, seit Jahren in der ersten Reihe der Politik zu spielen. Er verzichtet auf Rhetorik, bunte Krawatten und Bussis-hier- und-Bussis-da-Gehabe. Lieber spricht er von der „seelischen Temperatur“ im Menschen, die wieder ansteigen müsse. Derlei Glaubensbekenntnisse brachten der CDU bei der vergangenen Landtagswahl die notwendigen Kreuze.
Der Ministerpräsident vom Dorf, der auch heute noch den Umzug von Spaichingen nach Stuttgart in die „Dienstvilla“ ablehnt – so einer kommt an in Schwaben. Ein Umzug wäre auch ziemlich unanständig den Nachbarn gegenüber, schließlich sorgten die Spaichinger für den Start seiner politischen Laufbahn, als sie ihn 1964 zum damals jüngsten Bürgermeister der Republik wählten. Fast alle im Ort sind katholisch – wie Erwin Teufel. Er ist Mitglied des Diözesanrats des Bistums Rottenburg, versehen mit den höchsten päpstlichen Weihen für Laien, dem Großkreuz des Gregoriusordens.
Völlig affärenfrei steht er an der Spitze der Landesregierung. Anders als sein Vorgänger Lothar Späth hat er aber auch keine politischen Visionen entwickelt. Nur so etwas Verwegenes wie die Zulassung verheirateter Männer zum Priesteramt ist ihm bislang über die Lippen gekommen. Dieser Vorschlag brachte ihn sogar einmal in die Nachrichten der Tagesschau.
Noch heute fragt der Bauernsohn Erwin Teufel jeden Unbekannten: „Wo kommet Sie her?“ Heimat und Familie als Schutzschild gegen die verschluderten Sitten der rauhen Welt. Erwin Teufel ist einer „wie mir“. Einfältig ist er allerdings nicht.
Der 56jährige Regierungschef weiß, daß Menschen in stürmischen Zeiten lieber einen sicheren Hafen ansteuern, als in unbekannten Gewässern zu kreuzen. Seine CDU-Kollegen im Landtag wußten es gestern jedoch noch zu schätzen. Die Mißgünstlinge des ersten Wahlgangs konnten ihn nicht ins Mark treffen. Annette Rogalla
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