: Von enttäuschter Liebe und einem kleinen Joint
■ Polizeischüler stand wegen zwei Gramm Marihuana vor dem Amtsgericht / Keine Strafe Von Kai von Appen
„Da ich als Polizist später damit zu tun haben werde, war ich neugierig und wollte es einfach mal ausprobieren.“ Doch der Marihuana-Joint auf der Kennenlernfete der Polizeigewerkschaft in der Polizeischule Alsterdorf wurde dem 22jährigen Polizeischüler Frank K. (Name geändert, die Red.) zum Verhängnis. Während Prügelpolizisten angeblich disziplinarrechtlich nicht zu belangen sind, wurde er gleich eineinhalb Wochen vom Dienst suspendiert und nun auch vor den Kadi gezerrt.
„Ich wußte nicht, ob es strafbar ist. Ich hatte in den Medien gelesen, daß es straffrei ist“, so Frank K. gestern vor Gericht. Und so hatte er zur späten Stunde auf der Polizistenfete am 24. August 1994 von einem Kollegen für 20 Mark eine Tüte Marihuana gekauft: „Ich war im alkoholisierten Zustand, die Hemmschwelle war niedrig.“ Doch der Joint in der Polizeischule bekam dem Nachwuchsbullen gar nicht: „Der Erfolg war nicht gut. Mir wurde übel, da hab ich den Rest weggeschüttet.“
Was laut Generalstaatsanwalt Arno Weinert in Hamburg eigentlich nicht mehr geahndet werden soll, war für Staatsanwalt Peter Eschenburg verwerflich. Denn Frank K. hatte wenige Monate vor dem Vorfall bereits eine Geldstrafe wegen Trunkenheit am Steuer kassiert. Eschenburg: „Das ist doch nicht das richtige Verhalten, um Polizeibeamter zu werden. Das ist ja schlimm.“ Eine Geldstrafe von 400 Mark hielte er für angemessen. Doch Amtsrichter Olaf Lehmann sah es weniger verbissen: „Wir müssen die Kirche im Dorf lassen, auch wenn an den Beruf des Polizisten besondere gesellschaftliche Maßstäbe gelegt werden.“ Offenkundig hatte er noch die Worte der Verteidigerin im Ohr: „In irgendeinem Alter haben wir es doch alle mal probiert.“ Lehmann erklärte Frank K. zwar für „schuldig“, weil es nun mal „strafbar“ sei, Marihuana zu kaufen, sah aber von einer Strafe ab: „Das ist kein Fall, um mit dem Mittel des Strafrechts vorzugehen, so daß von weiteren Sanktionen abgesehen werden kann.“
Für Frank K. kann der Vorfall dennoch Folgen haben. Denn schon warten die Hüter der Disziplin bei der Hamburger Polizei auf die Akten, um nun ihrerseits – was sie bei Prügelpolizisten nur mit äußerster Zurückhaltung tun – vorzugehen. Frank K.: „Im schlimmsten Fall werd' ich gehen müssen.“
Übrigens: Die ganze Joint-Affäre war nur wegen einer gescheiterten Beziehungskiste aufgeflogen. Der polizeiliche Dealer, der Frank K. das Marihuana verkauft hatte, war nämlich von seiner 21jährigen Freundin – ebenfalls Polizeischülerin – verlassen worden, die sich sodann mit Frank K. anfreundete. Der enttäuschte Liebhaber schwärzte daraufhin seine Verflossene bei Vorgesetzten als Schlampe an: „Die schläft mit jedem, der ihr Heroin und Kokain gibt.“
Doch die junge Beamtin bestritt gestern heftig jeglichen Drogenkonsum: „Ich habe mit meinem Ex-Freund einmal Haschisch geraucht, aber nur zwei bis drei Züge.“ Sie kann sich die Beschuldigungen nur mit der „krankhaften Eifersucht“ ihres Ex-Lovers erklären, der im Zuge des Eifersuchtsdramas auch den Marihuana-Deal mit dem späteren Nebenbuhler preisgegeben hatte.
Die diesjährige Feier kann also mit Spannung erwartet werden.
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