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Aus Horchposten wird Schlafstätte

■ Der ehemalige US-Horchposten auf dem Teufelsberg soll an eine Kölner Investorengruppe verkauft werden. Geplant ist unter anderem ein 100-Zimmer-Hotel. Bündnisgrüne befürchten Dumpingpreis

Der Verkauf des ehemaligen US-Horchpostens auf dem Teufelsberg wird möglicherweise noch in diesem Jahr über die Bühne gehen. Die Berliner Landesentwicklungsgesellschaft (BLEG) hat jetzt mit der Kölner Investorengemeinschaft Gruhl und Partner einen Interessenten für das seit dem Sommer 1992 ungenutzte Gelände an der Hand.

BLEG-Prokurist Jürgen Biederbick gab sich gestern zuversichtlich, bis zum August den Entwurf eines Kaufvertrages vorlegen zu können. Sowohl der Senat als auch der zuständige Ausschuß in der Bezirksverordnetenversammlung Wilmersdorf hätten grünes Licht für weitere Gespräche mit den drei Geldgebern gegeben, die sich noch zu einer Investorengemeinschaft zusammenschließen wollen. Damit könne auch das Bezirksamt demnächst den Aufstellungsbeschluß für einen Bebauungsplan fassen.

Auf dem 50.000 Quadratmeter großen Gelände sollen ein 100-Zimmer-Hotel, rund 150 Wohnungen für Besserverdienende, Ateliers, Büros, Gaststätten und Konferenzräume entstehen. Die potentiellen Investoren haben laut Biederbick versprochen, rund 55 Prozent der jetzigen Bausubstanz zu erhalten. Auch der vom Senat und der BVV geforderte Erhalt der „markanten Silhouette“ mit den Abhörkugeln sei zugesichert worden.

Mit dem Umbau wird die Anlage aber nicht gänzlich ihrer technischen Funktion beraubt. In eine der Kugeln soll eine Radarstation der deutschen Flugsicherung für Tegel, Tempelhof und Schönefeld untergebracht werden. Die Verhandlungen seien aber noch nicht abgeschlossen, so Biederbick.

Die Anlage im Grunewald wurde 1969 auf dem 115 Meter hohen Berg errichtet, der nach dem Krieg aus Trümmerresten aufgeschüttet worden war.

Nach dem Abzug der Alliierten 1990 fiel das Grundstück erst an den Bund, dann an das Land. Seit Mitte 1995 wird das Gelände von der BLEG verwaltet, die auch die monatlichen Bewachungskosten in Höhe von 40.000 Mark trägt. Seit dem Sommer 1992 hatte sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wiederholt um Käufer bemüht. Ein Abriß der nicht denkmalgeschützten Anlage wurde damals auf rund 20 Millionen Mark geschätzt. Die bündnisgrüne BVV-Fraktion in Wilmersdorf befürchtet, daß die öffentliche Hand nun dem Investor das Gelände verbilligt verkauft und auch die Kosten für den Teilabriß und weitere Infrastrukturmaßnahmen übernimmt.

Dem widersprach Biederbick gestern. Sollte der Vertrag tatsächlich unterzeichnet werden, wovon er ausgehe, würde das Land einen „Millionenbetrag“ erhalten. Anderenfalls würde das Gelände, sollte es der BLEG für weitere zwei Jahre übertragen werden, Kosten in Höhe von rund einer Million Mark verursachen. Biederbicks Angaben zufolge werden die Investoren die Kosten für die Asbestsanierung, zusätzliche Erschließungen für Wasser und Abwasser ebenso übernehmen wie mögliche Absicherungsmaßnahmen an bestehenden oder neu zu errichtenden Bauten. Dem Investor sei bekannt, daß der Berg im Laufe der Jahre abgesackt sei, wie erst kürzlich ein von der BLEG in Auftrag gegebenes Gutachten festgestellt habe.

Auch die Bündnisgrünen sehen wegen der politischen Mehrheiten im Senat und Bezirksamt kaum noch eine Chance, das Gelände einer anderen Nutzung zuzuführen. Sie fordern deshalb eine möglichst schonende Einbettung der Hotel- und Wohnanlage in die Landschaft sowie eine streng begrenzte Anzahl von Parkplätzen, um den Autoverkehr so gering wie möglich zu halten. Severin Weiland

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